von Detlef David Kauschke
Auch wenn Tzipi Livni dieser Tage in europäischen Metropolen unterwegs ist – Mittwoch vergangener Woche in Paris, Donnerstag in Rom, an diesem Montag in Berlin, Dienstag in Kopenhagen – geht es bei ihren Gesprächen hauptsächlich um die Situation in Beirut, Damaskus, Teheran und nicht zuletzt Gasa. Hauptthema der Unterredungen ist die aktuelle Lage im Libanon.
Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte Israels Außenministerin, daß Deutschland seinen Beitrag leisten werde, »um in der Region dauerhaften Frieden zu erzeugen«. Merkel betonte, daß die auch in der UN-Resolution 1701 geforderte politische Lösung des Nahostkonflikts mit aller Intensität verfolgt werden müsse. Konkrete Zusagen über den Umfang der deutschen Beteiligung an einer Schutztruppe im Libanon erhielt Livni nicht. Ihr Amtskollege, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, verwies vielmehr darauf, daß für Deutschland erst einmal ein »klarer Operationsplan« und »klare Einsatzregeln« entscheidend seien.
Livni sagte beim anschließenden Gespräch mit Journalisten, daß Israel Deutschland nicht um einen bestimmten Beitrag gebeten habe. Jedes Land entscheide selbst, ob es Truppen für das UN-Kontingent entsende. Sie warnte vor einem Scheitern der Friedensmission. Ein schnelles Handeln der internationalen Gemeinschaft sei jetzt notwendig. Gemeinsam mit der libanesischen Regierung könnten »die Spielregeln in der Region« geändert werden. Livni forderte die Staatengemeinschaft auf, das Waffenembargo gegen die Hisbollah durchzusetzen. Die Entwaffnung und Auflösung der Organisation sei der nächste Schritt. Dieser müsse von der libanesischen Regierung vollzogen werden. Wichtig sei die Freilassung der beiden israelischen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev, die am 12. Juli von der schiitischen Hisbollah-Miliz entführt worden waren. Ohne deren Rückkehr werde es keine Lösung des Konflikts geben.
In einem Fernsehinterview hatte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah vor einigen Tagen erklärt, seine Organisation hätte die Soldaten nicht gefangengenommen, wenn er die Folgen vorausgesehen hätte. Der Milizenchef bestätigte damit, daß die Hisbollah vom Ausmaß der israelischen Reaktion überrascht war. Dies sei Israels Absicht gewesen, bemerkte Livni dazu am Montag. An Nasrallah und andere sollte mit der militärischen Operation ein deutliches Signal gegeben werden, »daß Israel nicht bereit ist, mit derartigen Provokationen zu leben.«
Sie betrachte die Situation im Libanon inzwischen »etwas optimistischer«, weit weniger Optimismus habe sie bei der Entwicklung im Iran. Die Staatengemeinschaft dürfe nicht zuschauen, wenn sich das Regime in Teheran atomare Waffen verschaffe. »Das iranische Nuklearprogramm muß gestoppt werden.« Livni forderte die internationale Gemeinschaft zu Entschlossenheit auf. »Wir glauben, es ist nun Zeit für Sanktionen.«
Die Verbindung zwischen der aktuellen Bedrohung und dem Schrecken der Vergangenheit stellte die 48jährige Politikerin in einer sehr persönlichen Rede am Montagvormittag am Mahnmal »Gleis 17« in Grunewald her. Am Ort des Gedenkens für die jüdischen Berliner, die von hier deportiert wurden, sagte sie: »Israeli zu sein bedeutet, in einem Staat zu leben, der nach außen hin stark erscheint, sich jedoch stets an die Schwäche seines Volkes erinnert.« In Israel als Jude in der Regierung zu sitzen bedeute, sich zu fragen, ob man damals die Vorzeichen erkannt hätte. Es bedeute, so Livni, »zu verstehen, daß der Holocaust eigentlich nicht die Schwäche des jüdischen Volkes ist, sondern die Stärke des Staates Israel.«