Der Streit um die Zuteilung von Finanzmitteln aus dem Staatsvertrag für die jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt dauert weiter an. Nach wie vor halte der Lan- desverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt Geld für die Synagogengemeinde Halle zurück, beschwert sich deren Vorsitzender Karl Sommer. Landesvorsitzender Max Privorotzki hält dagegen, dass die vom Zentralrat der Juden in Deutschland befürworteten Mitgliederlisten nicht der Wirklichkeit entsprechen.
Dass der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, bei seiner Prüfung im März dieses Jahres 293 Mitglieder der liberalen Gemeinde in Halle gezählt habe, berührt Privorotzki nicht. Kramer habe eines der wichtigsten Kriterien für die Mitgliedererfassung, die Wohnsitznahme in Sachsen-Anhalt, außer Acht gelassen. Die eigene Erhebung habe allein aufgrund der Tatsache, dass Hallenser Gemeindemitglieder nicht in dem Bundesland wohnten, 100 Personen ausgeschlossen. Darüber hinaus stehe ein Nachweis durch die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden, ob die angegebenen Mitglieder überhaupt jüdisch seien, noch aus, sagte Privorotzki auf Anfrage. Er komme bei seiner Zählung auf 32 Mitglieder.
Karl Sommer sendet derweil dringende »Notrufe« aus. Er verschickt sie an den Zentralrat der Juden in Deutschland und an die Union progressiver Juden. Die liberale Gemeinde Halle, die sich nach jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen 2006 das Recht erstritten hatte, an den Leistungen durch den Staatsvertrag mit dem Land Sachsen-Anhalt beteiligt zu werden, könne finanziell nicht überleben. »Wir mussten im Juni alle Mitarbeiter ohne Gehalt nach Hause schicken«, klagt Sommer. Statt der erechneten 13.145 Euro erhält die Gemeinde derzeit 4.590 Euro. Davon könne sie weder einmal in der Woche Küchenpersonal für den Kiddusch nach dem Gottesdienst noch Reinigungskräfte bezahlen. Auch Rabbiner Walter Rothschild habe man aus Geldmangel häufiger wieder ausladen müssen.
Sommers Protest bei der Landesregierung hatte dazu geführt, dass das zuständige Kultusministerium den Landesverband aufgefordert hatte, »gemäß der Festlegungen vom Schlussprotokoll des Staatsvertrages die Auszahlung an die Synagogengemeinde vertragsgemäß, das heißt uneinge- schränkt auf der Basis der genannten Mitgliederzahlen vorzunehmen«. Ohne Erfolg.
Sommer hat Angst, dass das nicht ausgezahlte Geld in dunkle Kanäle verschwindet. Max Privorotzky gibt sich hingegen als vorausschauender Sachwalter. Das Geld werde auf ein Tagesgeldkonto überwiesen, das Zinsen erbringt und auf das keiner Zugriff hat. Dort soll es bleiben, bis es eine endgültige Lösung gibt. Im Moment zeichnet sich keine ab. Heide Sobotka
Halle