von Wladimir Struminski
Der nordkoreanische Atomtest hat auch in Israel für Furore gesorgt. Wohl kann Nordkorea den jüdischen Staat nicht direkt angreifen. Allerdings ist das Regime von Kim Jong-il ein Verbündeter der Mullahs in Teheran. Nordkorea liefert dem Iran seit vielen Jahren Raketen und Technologie. So ließen die Fortschritte des nordkoreanischen Atomprogramms Israel trotz einer Entfernung von 8.000 Kilometern aufhorchen. Am letzten Donnerstag erörterte das für die Bobachtung und potentielle Verhinderung des iranischen Atomwaffenprogramms zuständige Regierungsforum unter Vorsitz von Premier Ehud Olmert die Auswirkungen des Atomtests auf Israel. Auch in den Medien wurde der nordkoreanische Atomtest heftig debattiert.
Die Sorge ist nicht ohne Grund, glaubt Ephraim Asculai vom Tel-Aviver Jaffee-Zentrum für Strategische Studien und ehemaliges Mitglied der israelischen Kommission für Kernenergie. Pjöngjang dürfte den iranischen Kunden in absehbarer Zeit zwar keine Atombomben oder -gefechtsköpfe liefern. Schließlich verfüge Nordkorea nicht über genügend spaltbares Material, und es könne dauern, bis ein ansehnliches Atomarsenal in der eigenen Waffenkammer angehäuft sei, um es zu exportieren.
Das größte Problem für Israel, so Asculai: Der nordkoreanische Versuch hat die Wirkungslosigkeit internationaler Bemühungen um eine Eindämmung atomarer Aufrüstung offengelegt. Die jetzt vom UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea verhängten Sanktionen hält der Experte für ungenügend. Viel härtere Maßnahmen seien notwendig, wobei der nordkoreanischen Führung gleichzeitig ein politischer Horizont eröffnet werden sollte. Das vereinbarte Handelsembargo für Waffensysteme und Luxusgüter sowie Schritte gegen am Atomprogramm beteiligte Personen seien nutzlos. Weiche Sanktionen ermutigten eher zu weiterer Entwicklung von Atomwaffen. Sollten die gegen Nordkorea verhängten Schritte eine Vorlage für etwaige Sanktionen gegen Teheran darstellen, müsse die iranische Führung nichts fürchten. Mit Strafmaßnahmen dieses Umfangs könnte auch der Iran leben.
Unter diesen Vorzeichen sinken die Chancen, die iranische Atombombe mit diplomatischen Mitteln zu verhindern. Daran vermag die von Olmert nach dem koreanischen Test erhobene Forderung nach »dringenden, entschlossenen und kraftvollen« Schritten gegen eine atomare Proliferation nichts zu ändern. Um so dringender fragt man sich jetzt in Israel, ob die USA den Ajatollahs das Handwerk gewaltsam legen werden. Eine Militäraktion der Vereinigten Staaten gegen die iranischen Atomanlagen sei möglich und sollte bei anhaltender Erfolglosigkeit diplomatischer Bemühungen im nächsten Jahr stattfinden, erklärte der Ex-General der US-Luftwaffe, Thomas McInerney, der israelischen Tageszeitung Jediot Achronot. Solche Anregungen wird man auch in Jerusalem mit Interesse verfolgen. Öffentliche Äußerungen zu diesem Thema allerdings meiden die Vertreter der israelischen Regierung.