»Wild Exaggeration« – wüste Übertreibung heißt eine Ausstellung grotesker Kunst des Museums für zeitgenössische Kunst Haifa mit viel greller Malerei und bizarren Körpern in befremdlichen Umgebungen. Das Gros der rund 40 Künstler dieser Gruppenausstellung ist zwischen 30 und 40 Jahre alt – die neue israelische Szene. Die meisten von ihnen arbeiten mit dem Medium Malerei. Daneben sind einige Zeichnungen zu sehen sowie einige wenige Skulpturen und Videoarbeiten.
Diese Ausstellung, die noch bis zum 2. Januar 2010 zu sehen ist, lädt ein zu einer Entdeckungsreise in die unschöne Psyche der Zeit. Die in ihrer schrillen Hässlichkeit oft verstörend wirkenden Gemälde stehen dem Betrachter als besonders lautes, unbequemes Zerrbild der Gesellschaft gegenüber. »Der Zusammenprall zwischen dem Amüsanten oder dem Lächerlichen und dem Verschreckendem, der all diesen Arbeiten zu eigen ist«, sagt Tami Katz-Freiman, die Kuratorin der Ausstellung, »ist ganz essenziell für den ambivalenten Charakter des Grotesken«. Schon im alten Rom wurden die »Grottensäle«, in denen die Oberschicht ihrer Dekadenz frönte, mit grotesken Bildern verziert – Symptome eines Zeitgeists, der vom Untergang der gesellschaftlichen Ideale geprägt war.
»Der grotesk dargestellte Körper«, schreibt Sara Cohen Shabot in dem auf neon-orangefarbenem Papier gedruckten Katalog, »ist ein Körper, der auseinandergefallen ist, der nicht mehr unter Kontrolle ist. Er vermittelt Entfremdung mit den Dingen (und Umgebungen), die uns am vertrautesten sind.« So etwa die Frau mit Handschuhen von Netally Schlosser, einer jungen Malerin, welche die vergangenen Jahre in Berlin verbracht hat. Ihrer Figur ist das Lachen nicht nur im Halse stecken geblieben, es scheint ihr verdreht zu Gesicht zu stehen. Wie ein umgekehrter Smiley ist ihr ein Gebiss ins Gesicht geschraubt, visuell gespiegelt in der bürgerlichen Perlenhalskette, deren Form die Form des Ge-
bisses wieder aufnimmt. Es ist der verzweifelte Versuch, einen gesellschaftlichen Rahmen zu wahren, zu dem die Frau auf dem Bild augenscheinlich schon nicht mehr in der Lage ist.
Ihr charakteristisches verzerrtes Lächeln findet sich auch in vielen anderen Arbeiten der Ausstellung wieder; daneben offenliegendes Fleisch und entblößte Organe, verwischte Schminke, Körpersekrete und verstopfte Münder. Hier werden die Gegeben- heiten der Welt nicht mehr geschluckt, sondern ausgekotzt. Die neue israelische Malerei gibt hier einen unbequemen Kommentar auf eine einstmals so idealistische Ge sellschaft. Naomi Felice Wonnenberg
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