von Martin Krauss
Lothar Matthäus wird ab Sommer Cheftrainer von Maccabi Netanja, dem derzeit Zweitplatzierten der israelischen Fußball-liga. Das gab der Proficlub am vergangenen Freitag bekannt. Für ein Jahresgehalt von umgerechnet 600.000 Euro, das berichtet die Zeitung Maariv, soll der 47-jährige deutsche Rekordnationalspieler den Verein in die europäische Spitze führen.
»Dieser Wechsel ist das größte Ge-
schenk, das ich dem Staat Israel machen konnte«, verkündet Klubbesitzer Daniel Jammer auf der Website des Klubs. Israelische Medien hingegen reagieren eher zu-
rückhaltend auf die Verpflichtung des früheren Weltmeisters. »Die Sache ist, dass Matthäus mit dem falschen Job an-kommt«, schreibt der Sportjournalist Uzi Dann in der Tageszeitung Haaretz. »Wenn er während seiner aktiven Zeit als Spieler am Ben-Gurion-Flughafen gelandet wäre, hätte es Grund zum Feiern gegeben. Als Trainer aber ist seine bisherige Bilanz schwach.« Der Fußballexperte Jeremy Last von der Jerusalem Post kommentiert die Verpflichtung: »Das Timing war sehr überraschend.« Nicht nur, dass Netanja gerade mit den punktgleichen Bnei Sakhnin und Ironi Kiryat Shoma um den Vizemeistertitel konkurriert, auch gegen Beitar Jerusalem, das souverän die Tabelle anführt, stand in dieser Woche ein Pokal-Halbfinale an. Der aktuelle Trainer Reuven Atar lehnte nach einem 3:0-Sieg über Hapoel Tel Aviv am Samstag jeden Kommentar ab.
Besonderes Glück hatten ausländische Trainer im israelischen Fußball bislang nicht: Luis Fernández, als Spieler mit Frankreich 1984 Europameister, hielt es gerade mal sechs Monate bei Beitar Jerusalem aus. Ihm folgte der Argentinier Osvaldo Ardiles, als Spieler 1978 Weltmeister, der nach nur wenigen Spielen gehen musste.
Befürchtungen, wonach Matthäus his-
torisch und politisch unbedarft sei, sind in Israel bislang nicht laut geworden. Andreas Stamatiou, Vorstandsmitglied bei Maccabi Netanja, verspricht sich von Matthäus gar eine »positive Entwicklung im deutsch-israelischen Verhältnis«.
Matthäus selbst gab der Münchner Abendzeitung ein großes Interview. »Die Geschichte ist natürlich in den Köpfen drin, aber es wird nicht darüber gesprochen«, kommentiert er den Umstand, dass er der erste deutsche Trainer im jüdischen Staat wird. »Ich kenne mich in Israel aus, ich kenne gewisse Regeln, die es in Deutschland nicht gibt – und ich kenne die Leute.« Matthäus verweist darauf, dass er in den vergangenen fünf Jahren häufig privat in Israel war. »Außerdem habe ich jüdische Freunde«, sagt er und verweist auch auf seine neue Freundin, eine 20-jährige Abiturientin: »Liliana ist jüdischer Abstammung.« Sie wird mit Matthäus nach Israel ziehen und will dort Kommunikationswissenschaft studieren. In einigen israelischen Zeitungen wie auch im Pressedienst des Weltfußballverbandes Fifa wurde kolportiert, Matthäus‹ Großmutter sei jüdisch. Er erklärte, lediglich die Großmutter seiner Freundin sei jüdisch. Matthäus sieht sich als »guter Botschafter« und sagt: »Vielleicht kann ich mit meiner Wenigkeit etwas zur weiteren Verbesserung des Verhältnisses beitragen und kann klarmachen, wie schön dieses Land ist.« Vorher macht Matthäus noch seinen Trainerschein an der Sporthochschule Köln und absolviert Praktika bei Inter Mailand und Werder Bremen.