von Constanze Baumgart
Sie gilt als die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen: Ein Dekret Kaiser Konstantins belegt, dass bereits 321 im spätantiken Colonia Agrippinensis – dem späteren Köln – Juden lebten. Die unruhigen Jahrhunderte der Völkerwanderung zerstreuten vermutlich diese kleine Gemeinde. Das Mittelalter sieht in Köln dann eine der blühendsten und bedeutendsten jüdischen Gemeinden im gesamten Reich. Doch mit der Vertreibung der Juden 1424 endet für viele Jahrhunderte die jüdische Geschichte Kölns. Erst in Folge der Französischen Revolution kehrten sie nach Köln zurück und schufen von Neuem ein blühendes Gemeindeleben, das durch den Holocaust fast ganz zerstört wurde. Heute hat die Gemeinde wieder 5.000 Mitglieder und ist eine der größten in Deutschland.
Die wechselvolle, aber auch reiche und vielfältige Geschichte des jüdischen Kölns präsentiert jetzt der opulent ausgestattete Bild- und Textband Zwei Jahrtausende jüdische Kunst und Kultur in Köln. Ausdrücklich schreibt Herausgeber Jürgen Wilhelm, es handele sich nicht um ein Geschichtsbuch. Ziel sei, »den Kölnern das großartige kulturelle Erbe, das jüdische Kölner der Stadt hinterlassen haben, nahezubringen; ihren Beitrag zum Aufbau, zur Entwicklung und zum Ruf der Metropole am Rhein darzustellen.« Und das gelingt. Ausgewiesene Experten schreiben zu ihrem jeweiligen Spezialgebiet kurze, gut lesbare Beiträge. Der Bogen spannt sich von den archäologischen Funden aus der Römerzeit bis hin zum modernen Gemeindeleben. Im weltweiten Scheinwerferlicht stand die Gemeinde vor zwei Jahren, als Papst Benedikt XVI. die Kölner Synagoge besuchte und dort an einem Festakt teilnahm.
Einen zentralen Platz nimmt das Kapitel zu den Kölner Judaica ein: Ausführlich werden hier die Schätze aus der jüdischen Sammlung des Kölner Stadtmuseums präsentiert und erläutert. Wer sich für jüdische Tradition und Religion interessiert, erfährt hier beim Blättern und Lesen en passant eine Menge Wissenswertes.
Einzig das Kapitel zu den prominenten Kölner Persönlichkeiten überzeugt nicht ganz, ist doch die Verbindung zum »kölnischen Judentum« bei einigen der Porträtierten etwas schwach ausgebildet: Der Maler Eduard Bendemann, einer der Gründer der Düsseldorfer Malerschule, wurde in Berlin geboren und wurde vier Wochen nach seiner Geburt evangelisch getauft. Das Wirken von Karl Marx in Köln beschränkte sich auf etwa zwei Jahre, und Jacques Offenbach lebte seit seinem 14. Lebensjahr in Paris. Fazit trotzdem: Das Buch macht es dem Leser leicht, jüdische Kunst und Kultur in Köln spannend zu finden.
jürgen wilhelm (hg):
zwei jahrtausende jüdische kunst und kultur in köln
Greven Köln 2007, 311 S., 39,90 €