von Volker Junck
Ein grauer, regenverhangener Tag wie geschaffen für düstere Gedanken. Doch für die Jüdische Gemeinde in Bremen war es ein Freudentag, als sie am 18. November ihren neuen Friedhof im Ortsteil Schwachhausen einweihen konnte. Ungewollt im siebten Jahr nach den ersten Planungen und damit in der Tradition der heiligen Zahl.
Sieben Mal umrundeten auch Mitglieder der Gemeinde mit Yitshak Ehrenberg, Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland, und Kantor Serf Avraham an der Spitze das Areal, um auch diesen besonderen Ort zu heiligen. Rabbiner Ehrenberg erinnerte daran, dass jüdische Siedler in bliblischen Zeiten immer zuerst einen Friedhof gebaut haben, wenn sie sich niederließen. Den Gästen – unter ihnen Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen, Parlamentspräsident Christian Weber und der Grünen-Abgeordnete Mustafa Kamal Öztürk – vermittelte er den Glauben an die Ewigkeit menschlichen Daseins. So sei ein Friedhof auch nur die Brücke zu Gott und der Auferstehung. Im Wechselgesang mit Kantor Avraham aus Osnabrück weihte der Rabbiner aus Berlin den stillen Ort ein. Nach einem nur wenige Monate währenden Gastspiel eines neuen Rabbiners ist die Bremer Gemeinde derzeit weiter auf der Suche nach einem Nachfolger für den verstorbenen Benyamin Z. Barsilai.
Für die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Bremen, Elvira Noa, und ihre rund 1.300 Mitglieder geht mit der Einweihung eine aufreibende Phase zu Ende. Der alte jüdische Friedhof im Bremer Stadtteil Hastedt ist bis auf wenige reservierte Plätze belegt und kann an dieser Stelle nicht mehr erweitert werden. Elvira Noa verhandelte mit der Stadt und bekam einige Grundstücke angeboten, von denen allerdings nur wenige für eine Ruhestätte geeignet waren. Für 70.000 Euro erwarb die Jüdische Gemeinde schließlich vor drei Jahren das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei, die direkt neben dem großen Riensberger Friedhof liegt.
Doch das Gärtnereigelände befindet sich auf einem moorigen Untergrund, der metertief gegen Sand ausgetauscht werden musste. Monatelang liefen die Pumpen, um das Gelände zu entwässern. Nach der Bremer Kommunalwahl im Mai 2007 gab es eine Baupause, weil die neue rot-grüne Regierung meinte, es müsste auch billiger gehen. Die finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete Hansestadt ist mit rund zwei Dritteln an den Gesamtkosten beteiligt, die sich bisher auf 1,1 Millionen Euro belaufen.
Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen fand zur Einweihungszeremonie versöhnliche Worte: »Das ist nicht nur ein großer Tag für die Jüdische Gemeinde, sondern für unsere ganze Stadt.« Wo ein Friedhof sei, da sei Leben. Einen erheblichen finanziellen Beitrag leistete auch die Stiftung Wohnliche Stadt.
Noch fehlt das Trauerhaus, für dessen Finanzierung Bürgermeister Böhrnsen beim Festakt eine Zusage abgab. Die Unterstützung der Jüdischen Gemeinde ist durch Staatsvertrag von 2001 geregelt. »Der Bauantrag ist eingereicht. Im Frühjahr werden wir mit dem ovalen Bau beginnen«, ist Elvira Noa optimistisch. Bis dahin werde man bei den ersten Beerdigungen improvisieren. Der neue Friedhof kann Grabstellen für die nächsten 30 bis 40 Jahre aufnehmen. Gedacht ist auch an Doppelgräber.
Noch ist der Rasen unberührt. Das Gelände wird von einer Mauer umsäumt, die nach Aussage von Rabbiner Ehrenberg keine Abgrenzung gegen die Öffentlichkeit darstellt, sondern den geheiligten Raum umfasst. Zehn hohe Lebensbäume symbolisieren die verschiedenen Erscheinungsformen Gottes.