von Eva Schweitzer
Pat Robertson, ein sehr bekannter amerikanischer Fernsehprediger, mußte sich bei Ariel Scharons Familie entschuldigen. Robertson hatte vergangene Woche in seiner Sendung »The 700 Club« behauptet, Scharons Schlaganfall sei die »Strafe Gottes« für den Rückzug Israels aus dem Gasa-Streifen. »Dies ist Gottes Land«, sagte Robertson. »Jedem Premierminister Israels, der dieses Land fortgibt, wird Gott sich entgegenstellen.« Daraufhin drohte das israelische Tourismusministerium, die Verhandlungen über einen biblischen Themenpark am See Genezareth, das »Christian Heritage Center« platzen zu lassen. Pat Robertson wollte man nicht mehr dabeihaben.
Inzwischen hat sich Robertson entschuldigt. Seine Bemerkung sei unangemessen und unsensibel gewesen, er bete für Scha-
rons Gesundheit. Stellvertretend für dessen Söhne nahm Israels Tourismusministerium die Entschuldigung an. »Wir werden unsere Entscheidung überdenken«, sagte Ministeriumssprecher Ido Hartuv.
Nicht zum ersten Mal handelt sich der 75jährige Robertson – dessen Sendung von rund 800.000 Zuschauern gesehen wird, fast so viel wie bei CNN – Ärger ein. Erst kürzlich forderte er, den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez durch ein Attentat zu beseitigen. Den Wirbelsturm »Katrina« nannte er die Strafe Gottes für Abtreibungen in New Orleans.
Doch Israel liegt daran, sich die Symphatien der 80 Millionen Evangelikalen, die auch als bibeltreue oder wiedergeborene Christen firmieren, zu erhalten. Denn sie sind die stärkste Stütze Israels in den USA. Der »Bible Belt« – die Südstaaten – ist Israels Safety Belt, also Sicherheitsgurt, so formuliert es Jerry Falwell, ebenfalls ein konservativer Christ. Die »Zionist Organization of America« verlieh Robertson gar den »State of Israel Friendship Award«.
So eng waren die Beziehungen zwischen »wiedergeborenen« Christen und dem Staat Israel nicht immer: 1972 vertraute Billy Graham, damals der einflußreichste Fernsehprediger, dem US-Präsidenten Richard Nixon an, der »jüdische Klammergriff« um die Medien müsse gebrochen werden, »sonst geht das Land den Gully hinunter«.
Vergeben, vergessen. Nun stellen die bibeltreuen Christen die stärkste Fraktion von Touristen aus den USA , die nach Israel reisen, weit vor den acht Millionen amerikanischer Juden. Deshalb ist der disneyland-ähnliche Themenpark, der rund 50 Millionen Dollar kosten soll und angeblich Tausende Arbeitsplätze bringt, für Israel eine wichtige Investition. Zu dem Park sollen eine Freiluftkapelle gehören, ein Fernsehzentrum, ein Auditorium und ein Freilufttheater, wo Szenen aus den Reisen von Jesus nachgestellt werden sollen. Das Tourismusministerium rechnet mit einer Million Besuchern pro Jahr.
Allerdings glauben die bibeltreuen Christen, daß sich die Prophezeihungen der Bibel in Israel erfüllen, und das klingt nicht unbedingt angenehm. Der Antichrist, die Apokalypse, Armageddon, der Kampf zwischen Gut und Böse, der damit endet, daß alle Ungläubigen – auch die Juden – Tod und ewige Verdammnis in der Hölle erfahren.
Liberale US-Juden erfüllt die fürsorgliche Umarmung der konservativen Christen denn auch mit Sorge. Wenn sich deren Politik durchsetze, etwa, den Rückzug Israels aus der West Bank zu verhindern, werde das Ergebnis desaströs sein, warnt der Washingtoner Rabbiner David Saperstein.
Die Israelis sehen das allerdings eher gelassen. Israel stehe es nicht zu, Robertsons Glauben zu kritisieren, meinte die liberale Zeitung Haaretz. Möglicherweise allerdings hat der Widerstand Robertsons gegen den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten auch ökonomische Gründe. Denn die Vorbilder für viele Attraktionen des Themenparks – wie Bethlehem und Jericho – liegen im palästinensischen Autonomiegebiet.