Teschuwa ist ein wichtiges Konzept. Wer von uns hat nicht gesündigt? Aber kann man Teschuwa nach einem Mord machen? Wer seinen Mitmenschen in Heimtücke erschlägt, soll selber sterben (2. Buch Moses 21,14). Heute verstehen wir Gott nicht nur als Richter, sondern als einen Richter, der Gnade und Barmherzigkeit zeigen kann. Die Geschichte hat gezeigt, dass es Menschen gab, die bereut haben und damit einen neuen Lebensabschnitt begonnen haben. Es war ihre Chance der Besserung, ein Anfang, konstruktiv zu sein. Es ist schwierig, über eine Freilassung zu entscheiden. Aber der Mensch muss gnädig sein mit Menschen, die gesündigt haben – wenn sie Teschuwa zeigen, wenn sie gelernt haben, wenn sie wissen, welches Glück sie haben, hier und jetzt zu leben.
Rabbiner Walter Rothschild, Berlin
Das Judentum ist nicht rachsüchtig. Im Gegenteil. Es verbietet den Nächsten zu hassen. Jedoch kennt es Strafen, die der Tat angemessen sind. Und Blutvergießen ist eines der allerschlimmsten Vergehen überhaupt. Natürlich spricht das Judentum, wo es angebracht ist, für Gnade und Barmherzigkeit. Man nennt uns sogar die barmherzigen Söhne der Barmherzigen. Aber vorrangig ist auch, dass vor der Gnade die Teschuwa steht, die reumütige Umkehr. Nach meiner Lesart der jüdischen Gedankenwelt müsste auf jeden Fall Reue und eine offene Abwendung von den begangenen Verbrechen einer Begnadigung vorausgehen. Ohne diese sehe ich keinen Grund, warum das ausgesprochene Strafmaß nicht voll umfänglich angewendet werden soll.
Rabbiner Henry Brandt, Augsburg
Im Judentum ist Mord verboten. Mörder müssen vor Gericht gestellt und so hart bestraft werden, dass sie die Schwere ihrer Tat begreifen und sie bereuen können. Ich bin zur Gnade nur dann bereit, wenn der Straftäter in seinem Verhalten während der Haft ge-
zeigt hat, dass er künftig keine Straftaten mehr begeht und deutlich gemacht hat, dass er nicht mehr straffällig werden wird. Jemand, der seine Tat nicht offen bereut, den würde ich nicht auf freien Fuß setzen.
Rabbiner Salomon Almekias-Siegl, Leipzig
Das Judentum hat bestimmt nichts gegen Gnade, dort wo es angebracht ist. Doch gibt es eine Gnadenkommission, die die konkreten Fälle untersucht. Es hängt wirklich vom Einzelfall ab. Man sollte wenn möglich schon zur Gnade tendieren. 24 Jahre ist eine lange Zeit und so sollte man das Gnadengesuch von Christian Klar, das ich nicht kenne, ernsthaft in Betracht ziehen.
Rabbiner Ernst M. Stein, Berlin
Das Judentum verbindet Strafe immer auch mit Erziehung. Dem Straftäter soll klar werden, dass er sich auf dem falschen Weg befindet. Und der Gesellschaft soll deutlich werden, wo der richtige Weg verläuft. Wenn ein Straftäter dieses Prinzip erkennt und Reue zeigt, kann Gott ihm vergeben.
Rabbiner Yitshak Ehrenberg, Berlin