Reubens und der rote Ken
Jüdische Investoren haben Ärger mit Londons Bürgermeister
Daß sie nicht überall beliebt sind, ist David und Simon Reuben bekannt. »Wir sind Opportunisten«, sagen die Unternehmer über ihre Geschäftsstrategie. Und die hinterläßt auch Feinde. Bei einem Privatvermögen von etwa vier Milliarden Euro kann man vermutlich damit leben. Vergangene Woche hat sich allerdings jemand Besonderes als Reuben-Gegner geoutet: Londons Bürgermeister Ken Livingstone. »Wenn sie hier nicht zufrieden sind, sollen sie in den Iran zurückgehen und es mit den Ajatollas versuchen« hatte der »rote Ken« gewütet. Peinlich war das vor allem für ihn selbst, denn der Ausfall nährte den Verdacht, Livingstone sei ein linker Judenfeind. Und er offenbarte geographische Schwächen. Denn mit dem Iran haben die Reubens nichts zu tun: sie wurden als Kinder irakischer Juden in Indien geboren, bevor sie mit ihrer Familie in den 50ern nach England auswanderten.
Die Brüder Reuben gehören zu einem Menschenschlag, den es so nur noch in der Wirtschaft gibt: wichtig, prominent – und doch fast unbekannt. Die Öffentlichkeit weiß wenig über sie. Freunde bezeichnen sie laut »Times« als sehr zurückhaltend, zugleich aber typisch »nahöstlich« – was Gastfreundschaft und Herzlichkeit betrifft. Simon, 64, lebt meist in Monaco, er hat eine erwachsene Tochter und soll sich für Cricket und Filme interessieren. David, 67, pendelt zwischen London, Monaco und Florida, hat drei Kinder und verehrt Margaret Thatcher. Von Simon gibt es nur ein einziges Interview, und das war nicht geplant, sondern war Small-Talk mit einem Journalisten, der zufällig im selben Raum stand. Ansonsten schweigen die »Reuben Brothers«, wie sie sich geschäftlich nennen.
Auch über die Herkunft ihres Reichtums weiß man wenig. Ein US-Magazin, das im Jahr 2000 Mafiaverbindungen der beiden Milliardäre angedeutet hatte, fand sich vor Gericht wieder – und mußte eine ausführliche Richtigstellung abdrucken. Fest steht, daß Simon und David einen Großteil ihres Vermögens in Rußland machten. Auf den Handel mit Metallen spezialisiert, investierten sie nach dem Ende der Sowjetunion massiv in die dortige Aluminiumindustrie. Als sich das Klima in Rußland durch den Druck der Putin-Regierung verschlechterte, stiegen die Reubens aus. 2000 verkauften sie ihre Aluminiumfirmen, die 1995 etwa 5 Prozent der weltweiten Produktion ausmachten und rund 7 Millarden Dollar umsetzten. Seitdem konzentrieren sich die Brüder auf Immobilien und andere Investitionen. Dabei haben sie die Gabe – oder das Glück – stets im rechten Moment am rechten Ort zu sein. »Reuben Brothers gewinnen Gold« lautete eine Schlagzeile, nachdem die Olympischen Spiele 2012 an Lon- don vergeben worden waren. Denn die beiden halten mit Partnern die Hälfte der Anteile am fast 7 Milliarden Euro schweren Entwicklungsprojekt Stratford City, wo ein Teil des Olympischen Dorfes entstehen soll.
Doch die beteiligten Investorengruppen konnten sich bisher nicht einigen. Schuld sind daran für Livingstone die Reubens – eine Darstellung, die ein Sprecher der Reubens im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen dementierte. Ansonsten hat Livingstones Entgleisung die Brüder wenig be- eindruckt. Während Politiker von »schokkierenden antisemitischen Äußerungen« sprachen, ließen die Reubens nur ein kurzes Statement verbreiten. »Die Aussagen sind unzutreffend. Die Reuben Brothers arbeiten hart, um ein Projekt abzuliefern, das London und seinen Bürgern langfristige Vorteile bringt. Und das tun sie auch weiterhin.« Tobias Kaufmann