von Sylke Tempel
Jeden Abend bei Einbruch der Dunkelheit fällt der Blick der Bewohner Washingtons auf Darfur. Dann projeziert das US-Holocaust Museum and Memorial (USHMM) Bilder aus der südsudanesischen Krisenregion an die Wände des Museums. 200.000 Menschen wurden dort laut Schätzungen in den vergangenen drei Jahren getötet. Mit Unterstützung der islamistischen Regierung in Khartum machen arabisch-muslimische Reitermilizen, die »Janjaweed«, gezielt Jagd auf die nicht-muslimischen, afrikanisch-stämmigen Bewohner der Region. »Die Vereinten Nationen sprechen von ethnischer Säuberung. Aber es handelt sich ganz klar um einen Völkermord«, sagt John Hefferman vom Holocaust-Museum in Washington.
Neben der »Bilderkampagne« zeigt das Museum in seinen Räumen auch eine Sonderausstellung zu Darfur und beteiligt sich zusammen mit 178 Organisationen an der Aktion »Save Darfur« (Rettet Darfur). Darunter sind Menschenrechtler, Gewerkschaftler, Nobelpreisträger und Schauspieler. Prominente wie Kaliforniens Gouver- neur Arnold Schwarzenegger und Hollywood-Schauspieler George Clooney werben für Spendenaktionen, die das Los der Flüchtlinge erleichtern und Anzeigen für eine »Bewußtseinskampagne« finanzieren sollen. »Wir wollen die Öffentlichkeit und unsere Politiker wachrütteln«, sagt Hefferman. »Selbst Schüler an rund 23.000 High Schools beteiligten sich mit der Aktion ‹Dollars for Darfur’ so engagiert, wie ich es seit der Anti-Apartheid-Kampagne nicht erlebt habe.«.
»Nie wieder« ist für das Holocaust-Museum keine Hohlformel, sondern ein Aufruf zu handeln. »Das Problem von Haß und Völkermord endete nicht 1945«, sagt Museumsdirektorin Sara Bloomfield. »Das stärkste Andenken an die Opfer ist doch, zukünftige Verbrechen zu verhindern. Ich bin überzeugt, daß wir auch im Namen dieser Opfer sprechen dürfen.« Auch andere jüdische Gruppierungen sehen eine klare Verpflichtung. Das American Jewish Committee macht sich ebenfalls seit 2004 für eine Beendigung des Völkermordes in Darfur stark. »Unser Ziel ist, möglichst viele Kongreßabgeordnete auf die Probleme im Sudan aufmerksam zu machen«, sagt Ken Bandler vom AJC. Denn nach dem Holocaust sei es eine Selbstverständlichkeit, alles zu tun, um Völkermorde zu verhindern. Daß sich ausgerechnet jüdische Organisationen an vorderster Stelle engagieren, findet die Museumsdirektorin Bloomfield nur folgerichtig: »Auschwitz bleibt einzigartig. Aber das gibt uns nicht das geringste Recht, bei anderen Genoziden einfach still zu halten.«
Dabei ist sich die amerikanische Öffentlichkeit der prekären Lage in Darfur durchaus bewußt. Die US-Regierung hat dem Sudan ein öffentliches Ultimatum bis zum 1. Januar gestellt, UN-Schutztruppen ins Land zu lassen. US-Außenministerin Condoleeza Rice drohte mit einer Verschlechterung der Beziehungen zum Sudan. Im Alleingang aber können auch die USA das Problem Darfur nicht lösen.