von Ingo Way
Gentechnik hat in Deutschland einen schweren Stand. Kürzlich verbot Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau von gentechnisch verändertem Mais. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace hatten schon seit Langem gegen den Anbau von Genmais pro- testiert. Sie lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen generell ab.
Joseph Hirschberg kann diese Einwände nicht nachvollziehen. Der israelische Genetiker – Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem und Direktor des Minerva-Zentrums für Photosynthese – verfolgt die deutschen Debatten aufmerksam. Derzeit ist er Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam. »Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass gentechnisch veränderter Mais gesundheitsschädlich ist«, lautet seine Überzeugung. Das Bakterium, dessen Wirkstoff in der nun verbotenen Mais- sorte Mon810 (das Patent darauf hält die amerikanische Saatgutfirma Monsanto) in hoher Konzentration vorkommt, um bestimmte Insekten fernzuhalten, sei schon vor 40 Jahren von amerikanischen Farmern zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt worden – ohne dass es jemals zu Problemen für den Menschen gekommen sei, sagt Hirschberg. Die Wissenschaftler von Monsanto hätten lediglich das Protein dieses Bakteriums isoliert und in die DNA der Maispflanze eingesetzt. So wird der Mais unbekömmlich für die Parasiten. Pestizide seien damit nicht mehr nötig.
Hirschberg betont, dass Israel führend auf dem Gebiet der Genetisch Modifizierten Organismen (GMO) in der Landwirtschaft ist. So hätten israelische Wissenschaftler Pflanzen entwickelt, die wenig Wasser benötigen – im notorisch trockenen Nahen Osten eine Notwendigkeit –, und Bananen, die den Esser gegen verschiedene Krankheiten immun machen sollen. Zugelassen ist die Aussaat dieser Früchte allerdings auch in Israel noch nicht.
Die Aktivisten von Greenpeace hält Hirschberg für Ideologen, die Gentechnik aus rein irrationalen Gründen ablehnen. Hirschberg verweist auf Studien, denen zufolge durch GMO kein größerer Schaden für Mensch und Umwelt entstehe als durch konventionelle Landwirtschaft.
Dennoch reißt die Kritik an GMO nicht ab. Meistens führen die Gegner zwei Argumente ins Feld. Erstens seien die möglichen Auswirkungen noch lange nicht gründlich genug erforscht. Zweitens nützten GMO lediglich einigen multinationalen Konzernen, die gentechnisch manipuliertes Saatgut patentieren lassen, um Profit zu machen. So müssen etwa indische Bauern von Monsanto hergestelltes sogenanntes Hybrid-Saatgut Jahr für Jahr neu kaufen, da es nach der Ernte nicht erneut zur Aussaat verwendet werden kann. Hirschberg möchte zweifelhafte Geschäftspraktiken nicht schönreden. »Aber das ist ein soziopolitisches Argument, kein wissenschaftliches.« Das Gebaren einer Firma habe nichts mit der Frage zu tun, ob Gentechnik schädlich ist oder nicht. Dennoch stammen 90 Prozent aller weltweit angebauten GMO von Monsanto. Um das Image der Grünen Gentechnik – so wird die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft genannt – aufzubessern und um zu zeigen, dass man damit auch Gutes tun kann, haben deutsche und israelische Wissenschaftler in den 90er-Jahren das Projekt »Goldener Reis« gestartet. Gestützt auf Forschungen Hirschbergs zur Photosynthese und in Zusammenarbeit mit Forschern der Hebräischen Universität haben zwei deutsche Wissenschaftler – Ingo Potrykus und Peter Beyer – eine Reissorte entwickelt, die besonders viel Vitamin A enthält. Dies geschah, indem Potrykus und Beyer Gene der Osterglocke und eines bestimmten Bodenbakteriums in das Genom des Reis’ einfügten. Dadurch erhielt der Reis jene gelbe Färbung, die ihm seinen Namen einbrachte.
Der Hintergrund: In vielen Ländern der Dritten Welt leiden vor allem Kinder unter Vitamin-A-Mangel, der zu zahlreichen Krankheiten und zur Erblindung führen kann. Das erklärte Ziel der Forscher ist es, diesen Vitaminmangel zu bekämpfen. Daher wollen sie Bauern in Ostasien das Saatgut kostenlos zur Verfügung stellen und auf Lizenzgebühren verzichten. Das Saatgut für den Goldenen Reis muss auch nicht jedesmal nachgekauft werden; die Bauern können es selbst vermehren.
Noch ist der Anbau nicht zugelassen. Doch die Philippinen planen die Markteinführung für 2012. In Indien und Vietnam laufen noch Tests. Doch auch der Goldene Reis steht unter kritischem Beschuss. Umweltorganisationen werfen den Wissenschaftlern vor, sie wollten den Profitinteressen der Konzerne lediglich ein humanitäres Feigenblatt umhängen – obwohl sie weder für einen Konzern noch sonstwie kommerziell arbeiten. Die indische Linksaktivistin Vandana Shiva glaubt, der Goldene Reis sei nur ein Trojanisches Pferd des Westens zur Ausbeutung der Dritten Welt. Nährstoffmangel ließe sich laut Shiva viel besser durch eine reichhaltige und ausgewogene Ernährung beseitigen. Wer wollte dem widersprechen? Doch genau die können sich viele arme Bauern eben nicht leisten.
Joseph Hirschberg bleibt zuversichtlich, was die Zukunft des Goldenen Reises anbelangt. »Goldener Reis ist die erste gentechnisch veränderte Pflanze, die buchstäblich Leben retten wird«, betont er. »Wir brauchen die Grüne Gentechnik einfach, um den Nahrungsbedarf einer wachsenden Menschheit zu stillen. Ohne Gentechnik wird die Welt verhungern.« von Ingo Way
Gentechnik hat in Deutschland einen schweren Stand. Kürzlich verbot Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau von gentechnisch verändertem Mais. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace hatten schon seit Langem gegen den Anbau von Genmais pro- testiert. Sie lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen generell ab.
Joseph Hirschberg kann diese Einwände nicht nachvollziehen. Der israelische Genetiker – Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem und Direktor des Minerva-Zentrums für Photosynthese – verfolgt die deutschen Debatten aufmerksam. Derzeit ist er Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam. »Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass gentechnisch veränderter Mais gesundheitsschädlich ist«, lautet seine Überzeugung. Das Bakterium, dessen Wirkstoff in der nun verbotenen Mais- sorte Mon810 (das Patent darauf hält die amerikanische Saatgutfirma Monsanto) in hoher Konzentration vorkommt, um bestimmte Insekten fernzuhalten, sei schon vor 40 Jahren von amerikanischen Farmern zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt worden – ohne dass es jemals zu Problemen für den Menschen gekommen sei, sagt Hirschberg. Die Wissenschaftler von Monsanto hätten lediglich das Protein dieses Bakteriums isoliert und in die DNA der Maispflanze eingesetzt. So wird der Mais unbekömmlich für die Parasiten. Pestizide seien damit nicht mehr nötig.
Hirschberg betont, dass Israel führend auf dem Gebiet der Genetisch Modifizierten Organismen (GMO) in der Landwirtschaft ist. So hätten israelische Wissenschaftler Pflanzen entwickelt, die wenig Wasser benötigen – im notorisch trockenen Nahen Osten eine Notwendigkeit –, und Bananen, die den Esser gegen verschiedene Krankheiten immun machen sollen. Zugelassen ist die Aussaat dieser Früchte allerdings auch in Israel noch nicht.
Die Aktivisten von Greenpeace hält Hirschberg für Ideologen, die Gentechnik aus rein irrationalen Gründen ablehnen. Hirschberg verweist auf Studien, denen zufolge durch GMO kein größerer Schaden für Mensch und Umwelt entstehe als durch konventionelle Landwirtschaft.
Dennoch reißt die Kritik an GMO nicht ab. Meistens führen die Gegner zwei Argumente ins Feld. Erstens seien die möglichen Auswirkungen noch lange nicht gründlich genug erforscht. Zweitens nützten GMO lediglich einigen multinationalen Konzernen, die gentechnisch manipuliertes Saatgut patentieren lassen, um Profit zu machen. So müssen etwa indische Bauern von Monsanto hergestelltes sogenanntes Hybrid-Saatgut Jahr für Jahr neu kaufen, da es nach der Ernte nicht erneut zur Aussaat verwendet werden kann. Hirschberg möchte zweifelhafte Geschäftspraktiken nicht schönreden. »Aber das ist ein soziopolitisches Argument, kein wissenschaftliches.« Das Gebaren einer Firma habe nichts mit der Frage zu tun, ob Gentechnik schädlich ist oder nicht. Dennoch stammen 90 Prozent aller weltweit angebauten GMO von Monsanto. Um das Image der Grünen Gentechnik – so wird die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft genannt – aufzubessern und um zu zeigen, dass man damit auch Gutes tun kann, haben deutsche und israelische Wissenschaftler in den 90er-Jahren das Projekt »Goldener Reis« gestartet. Gestützt auf Forschungen Hirschbergs zur Photosynthese und in Zusammenarbeit mit Forschern der Hebräischen Universität haben zwei deutsche Wissenschaftler – Ingo Potrykus und Peter Beyer – eine Reissorte entwickelt, die besonders viel Vitamin A enthält. Dies geschah, indem Potrykus und Beyer Gene der Osterglocke und eines bestimmten Bodenbakteriums in das Genom des Reis’ einfügten. Dadurch erhielt der Reis jene gelbe Färbung, die ihm seinen Namen einbrachte.
Der Hintergrund: In vielen Ländern der Dritten Welt leiden vor allem Kinder unter Vitamin-A-Mangel, der zu zahlreichen Krankheiten und zur Erblindung führen kann. Das erklärte Ziel der Forscher ist es, diesen Vitaminmangel zu bekämpfen. Daher wollen sie Bauern in Ostasien das Saatgut kostenlos zur Verfügung stellen und auf Lizenzgebühren verzichten. Das Saatgut für den Goldenen Reis muss auch nicht jedesmal nachgekauft werden; die Bauern können es selbst vermehren.
Noch ist der Anbau nicht zugelassen. Doch die Philippinen planen die Markteinführung für 2012. In Indien und Vietnam laufen noch Tests. Doch auch der Goldene Reis steht unter kritischem Beschuss. Umweltorganisationen werfen den Wissenschaftlern vor, sie wollten den Profitinteressen der Konzerne lediglich ein humanitäres Feigenblatt umhängen – obwohl sie weder für einen Konzern noch sonstwie kommerziell arbeiten. Die indische Linksaktivistin Vandana Shiva glaubt, der Goldene Reis sei nur ein Trojanisches Pferd des Westens zur Ausbeutung der Dritten Welt. Nährstoffmangel ließe sich laut Shiva viel besser durch eine reichhaltige und ausgewogene Ernährung beseitigen. Wer wollte dem widersprechen? Doch genau die können sich viele arme Bauern eben nicht leisten.
Joseph Hirschberg bleibt zuversichtlich, was die Zukunft des Goldenen Reises anbelangt. »Goldener Reis ist die erste gentechnisch veränderte Pflanze, die buchstäblich Leben retten wird«, betont er. »Wir brauchen die Grüne Gentechnik einfach, um den Nahrungsbedarf einer wachsenden Menschheit zu stillen. Ohne Gentechnik wird die Welt verhungern.«