Die Kieler Gemeinde darf sich doppelt freuen. Nicht nur über ihren zehnjährigen Geburtstag, sondern auch über ein Versprechen, das Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave der jüdischen Gemeinde machte. Die Vertreterin des erkrankten Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen verkündete bei der Geburtstagsparty der Kieler Gemeinde am 17. September, dass das Land die Zuwendungen an die jüdischen Gemeinden von bisher 360.000 auf 420.000 Euro im Jahr aufstocken wolle. Die Landesregierung sei sich der »hohen Verantwortung für das jüdische Leben in Schleswig-Holstein« bewusst, sagte die Ministerin.
Gemeindevorsitzender Igor Wolodarski dürfte diese Worte gern gehört haben, denn der schlechte Zustand des Gemeindehauses im Kieler Stadtteil Gaarden ist nur mit viel Geld zu beheben. 35 Prozent der Gesamtfläche sei so stark sanierungsbedürftig, dass sie nicht mehr genutzt werden könne, betonte Wolodarski. Hinzu komme eine sehr schlechte Personalsituation im Ver- waltungsbereich, die nur durch großen ehrenamtlichen Einsatz zu bewältigen sei.
Alles andere befindet sich aber laut Wolodarski auf dem besten Wege. Aus bescheidenen Anfängen heraus hat sich die orthodoxe jüdische Gemeinde seit ihrem Einzug ins alte Volksbad enorm gemausert und zählt inzwischen mehr als 480 Mitglieder. Dank regelmäßiger und gut besuchter Gottesdienste sowie zahlreicher Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene erfüllen die Mitglieder ihr Haus Tag für Tag mit Leben. Kultur und Weiterbildung werden großgeschrieben. Daher sei ihm nicht bange vor der Zukunft, sagte Wolodarski.
Möglich geworden ist diese Wiederbelebung des jüdischen Lebens in Kiel mit dem Zuzug von Juden aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Bereits 1994 gab es in Gaarden Bemühungen, eine Gemeinde zu gründen. Nach der Eröffnung des Zentrums am 14. September 1998 dauerte es sechs Jahre, ehe die bis dahin an die Jüdische Gemeinde Hamburg angegliederten Kieler selbstständig wurden.
Zu den Geburtstagsgratulanten gehörte auch Daniel Katz, der von 1997 bis 1998 als erster Rabbiner nach 1945 in Kiel tätig war. Der Kieler Gemeinde sagte er eine »große Zukunft« voraus. Die dürfte sie auch in ritueller Hinsicht haben. Nachdem Horst Reyer von der Bürgerstiftung Kiel der Gemeinde eine 5.000-Euro-Spende zusicherte, steht der Anschaffung einer eigenen Tora wohl nichts mehr im Wege. Martin Geist
Kiel