Rechte

Rechts verwarnt

von Harald Neuber

Hoyerswerda in der Oberlausitz war in der DDR als kinderreichste Stadt der sozialistischen Republik berühmt. Seit Anfang der neunziger Jahre, als Neonazis vietnamesische Einwohner und ein Asylbewerberheim überfielen, gilt die Stadt als Symbol für den rechten Trend im Osten Deutschlands. Dieser Eindruck schien sich erneut zu bestätigen, als der CDU-Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Kamenz -Hoyerswerda, Henry Nitzsche, im Juni dieses Jahres auf einer CDU-Veranstaltung gegen die »Multi-Kulti-Schwuchteln« in Berlin wetterte und den deutschen »Schuldkult« (gemeint war der Umgang mit der NS-Vergangenheit) anprangerte.
Während die NPD Nitzsche auffordert, in ihre Partei einzutreten, zögert die CDU weiterhin, ihn auszuschließen. Nach einer Sondersitzung Ende vergangener Woche wurde er zwar dazu bewogen, sein Amt als Kreisvorsitzender der Partei niederzulegen. Dabei soll es aber bleiben. Man erwarte, sagte der sächsische CDU-Landesvorsitzende Michael Kretschmer, »daß sich derartige Entgleisungen nicht wiederholen«. Dies kann als »gelbe Karte« für Nitzsche gewertet werden.
Der Kritik aller demokratischen Parteien an Nitzsche schloß sich auch der Zentralrat der Juden an. Im Gespräch mit dem Berliner Tagesspiegel beklagt dessen Generalsekretär Stephan Kramer den »zaghaften Umgang« der Partei mit Nitzsche. Dessen Fall belege wieder einmal, daß rechtsextreme Gesinnung nicht nur in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, sondern auch einen festen Platz im Bundestag habe. Auch ohne die NPD.
Nitzsches Äußerungen waren durch die zögerliche Haltung der CDU-Parteiführung auf Landes- und Bundesebene zum bundesweiten Politikum geworden. Immerhin wurde diese bereits einen Tag nach der berüchtigten Rede von den Ausfällen Nitzsches unterrichtet. Es war ein Staatsanwalt und Mitglied der CDU, der die Rede mitangehört hatte und gegen die Äußerungen protestierte.
Daß die CDU-Bundesführung seiner Meldung zum Trotz fast ein halbes Jahr brauchte, um zu reagieren, trifft in allen politischen Lagern auf Unverständnis – zumal Nitzsche nicht zum ersten Mal aufgefallen ist. Seinen Wahlkampf führte er im vergangenen Jahr unter dem NPD-Motto »Arbeit, Familie, Vaterland«, Türken hält er für »parasitär«, und von Moslems glaubt er, daß ihnen »eher die Hand abfault«, als daß sie CDU wählen. An diesem Freitag nun soll der Fall Nitzsche in einer Debatte über Rechtsextremismus im Dresdner Landtag thematisiert werden. Bereits im Vorfeld bekräftigten Vertreter der Links-
partei, der Grünen und der FDP ihre Forderung nach einem Ausschluß des Abgeordneten aus der CDU. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), äußerte seine Hoffnung, daß Nitzsche von seiner Partei bei der kommenden Bundestagswahl nicht mehr aufgestellt werde. Auf beide Forderungen ging die CDU-Führung bislang nicht ein.

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Januar bis zum 5. Februar

 30.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025