Recht, nicht Rache
Im Kino: »Ich habe euch nicht vergessen«
– Simon Wiesenthals Leben und Vermächtnis
Er wollte nie Held sein. Doch für viele war er es. »Nazijäger« wurde er in den Medien genannt, eine Bezeichnung, die er stets von sich wies. Simon Wiesenthal (1908-2005) sah sich nicht als Jäger, sondern als einen der Gerechtigkeit verpflichteten Menschen. »Recht, nicht Rache« betitelte er seine Autobiografie. Er sorgte mit seinem »Jüdischen Dokumentationszentrum« für die Strafverfolgung von über 1.000 Naziverbrechern. Als einer der ersten jüdischen Überlebenden thematisierte er auch die Verfolgung von Sinti und Roma, Homosexuellen und Behinderten.
Für diese Arbeit stellte Simon Wiesenthal sein eigenes Leben wie das seiner Frau Cyla und ihrer Tochter Pauline hint-an. Er wurde – auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft – hart angegriffen, öffentlich als Lügner hingestellt, es gab Attentatsversuche auf ihn. Gewöhnt hat er sich daran nie. Umso mehr war die Anerkennung, die er spät erfuhr, für ihn Genugtuung. 1995 erhielt Wiesenthal das deutsche Bundesverdienstkreuz. Im Jahr 2000 überreichte Bill Clinton ihm die »Presidential Medal of Freedom«, die höchste US-Auszeichnung für Nichtamerikaner. Großbritannien verlieh ihm 2004 die hohe Würde eines Knight Commander of the British Empire. Kurz vor seinem Tod 2005 ehrte ihn auch sein Heimatland mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen der Republik Österreich.
Jetzt kommt eine amerikanische Dokumentation über das Leben Simon Wiesenthals in die deutschen Kinos: Ich habe euch nicht vergessen – Simon Wiesenthals Leben und Vermächtnis. Regisseur Richard Trank und sein Produzent Rabbiner Marvin Hier vom Wiesenthal Center in Los Angeles wussten, dass sie sich mit diesem Projekt auf schwieriges Terrain begeben. Simon Wiesenthals vielschichtiges und manchmal auch widersprüchliches Leben lässt sich nicht in einem 90-minütigen Film einfach linear heruntererzählen. Trank und Hier zeigen in ihrem bei der Berlinale 2007 uraufgeführtem Film stattdessen die vielen Facetten im Leben ihres Helden: seine Jugend in Galizien, wo er als österreichischer Bürgersohn geboren wurde, das Martyrium in insgesamt 12 Konzentrationslagern und die Zeit danach, die den gelernten Architekten weltberühmt machte. Wegbegleiter, Freunde und Bekannte wie Sir Ben Kingsley und Steven Spielberg kommen ausführlich zu Wort. Iris Berben leiht in der deutschen Fassung als Narratorin ihre Stimme. (In der amerikanischen Originalversion ist Nicole Kidman die Erzählerin.) Eine einfühlsame, vielseitige und spannende Dokumentation mit viel bislang unveröffentlichtem Archivmaterial über eine wichtige Figur der europäischen Nachkriegszeit. Andrea Niederfriniger