Frau Ministerin, die Bundesregierung hat angekündigt, die europaweite Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit während der deutschen EU-Präsidentschaft auf die politische Agenda zu setzen (vgl. S. 2). Gibt es schon Erfolge?
zypries: Ich halte es bereits für einen Erfolg, dass in Europa wieder aktiv über Mindeststandards im Strafrecht zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit diskutiert wird. Für einen Abschluss der Verhandlungen ist es natürlich noch zu früh.
Noch vor vier Wochen hieß es, dass die Leugnung des Holocaust europaweit verfolgt werden soll. Jetzt ist allgemein von Völkermord – nicht mehr explizit von der Schoa – die Rede. Warum?
zypries: Der Rahmenbeschluss, der auf einen Vorschlag der EU-Kommission von 2001 zurückgeht, nennt nicht einzelne historische Ereignisse. Er sieht vielmehr abstrakte Tatbestände vor, indem er die öffentliche Billigung, Leugnung oder Verharmlosung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Sinne des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (»Römer Statut«) und des Internationalen Militärgerichtshofs von 1945 (Nürnberger Gerichtshof) unter Strafe stellt. Voraussetzung ist, dass die Taten gegenüber einer Gruppe von Personen oder einem Mitglied einer solchen Gruppe begangen wurden, die nach den Kriterien Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft bestimmt wurden. Dass die Schoa unter diese Definition fällt, erscheint mir eindeutig.
Sie haben mehrfach auf die besondere historische Verpflichtung Deutschlands in dieser Frage hingewiesen. Für Dänemark oder andere europäische Staaten kann das ja nicht gelten. Warum sollten die dennoch einheitlichen Gesetzen zustimmen?
zypries: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind Verstöße gegen die Werte der Europäischen Union. Sie sind für ein friedliches Zusammenleben in allen Mitgliedstaaten unabdingbar.
Israelische Zeitungen berichten, dass Deutschland von dem Vorhaben abgerückt sei, neben der Holocaustleugnung auch ein Hakenkreuz-Verbot europaweit durchzusetzen. Warum sind sie davon abgewichen?
zypries: Hierbei handelt es sich leider um ein Missverständnis. Das Verbot von bestimmten Symbolen – wie dem Hakenkreuz – sah der Rahmenbeschluss niemals vor.
Mit der Bundesjustizministerin sprach
Detlef David Kauschke.