von Naomi Felice Wonnenberg
Nur zwölf Karikaturenmuseen gibt es weltweit. Das jüngste wurde vor vier Wochen in Israel eröffnet. Nicht in Jerusalem, Haifa oder Tel Aviv, sondern in Holon. Die Kleinstadt, kulturell im Schatten des nahen Tel Aviv gelegen, erhofft sich dadurch einen größeren Bekanntheitsgrad und mehr Touristen. Die Stadtverwaltung unterstützt das Museum aus Mitteln der kommunalen Kulturförderung.
Auf 430 Quadratmetern sind drei Dauerausstellungen zu sehen. Präsentiert werden die Arbeiten von sechs Pionieren der israelischen Karikatur, die Entwicklungsgeschichte von Karikatur, Comic und Ani-mation seit den Tagen der Pharaonen (!) und zeitgenössische Comics.
Hinzu kommen Wechselausstellungen. Die aktuelle heißt »Das war 2007«. Da sieht man einen kriegsgeplagten Zivilisten, der sich zum Jahrestag des zweiten Libanonkrieges kurz aus dem Bunker in Sderot wagt, um eine Kerze auf einer Geburtstagstorte anzuzünden. Misstrauisch stehen sich in einer Karikatur von Ilya Katz eine verschleierte Palästinenserin und ein israelischer Panzersoldat gegenüber und beäugen sich wechselseitig durch ihre Sehschlitze hindurch. Nicht fehlen darf natürlich Irans Präsident Ahmadinedschad mit seinen Vernichtungsdrohungen.
Aber auch Probleme innerhalb der is-raelischen Gesellschaft reizen die zeich-nenden Kommentatoren. So war der Spätsommer 2007 von wochenlangen Lehrer- streiks für höhere Gehälter geprägt. 3.500 Schekel, umgerechnet 628 Euro erhält ein Sekundarstufenlehrer monatlich – in einem Land, dessen Lebenshaltungskosten denen in Deutschland vergleichbar sind. So sind Pädagogen gezwungen, sich mit zusätzlichen Jobs über Wasser zu halten. In einer Karikatur von Eyal Ayelet sieht man Schüler in einem Café rumhängen. Bedient werden sie von ihrer Lehrerin, die als Kellnerin jobbt. »Dreie Eiskaffees!« bestellen die Jugendlichen. »Drei!!!«, verbessert die Pädagogin den unter jungen Leuten weitverbreiteten grammatischen Feh- ler, die weibliche und männliche Konjugation hebräischer Zahlen zu verwechseln.
Eine bekannte Marotte des israelischen Alltags nimmt Dudi Shamai auf die Schippe. Obwohl die Israelis eigentlich ein ausgesprochen kommunikatives Völkchen sind und sich vor allem gerne mit Touris-ten unterhalten, wird es immer schwerer, jemanden auf der Straße anzusprechen – weil die meisten schon im Gespräch sind. Per Handy. Laut Statistik hat Israel die weltweit höchste Zahl von Mobiltelefonen pro Kopf der Bevölkerung.
Wenig kommunikativ geht es trotz Handyflut zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu. In Daniella London-Dekels Zeichnung begrüßt der die Wüste durchwandernde Moses eine versprengte Gruppe äthiopischer Juden mit den wenig freundlichen Worten »Und wer zum Teufel seid Ihr?« – eine Anspielung auf rassistische Ressentiments mancher Israelis gegenüber afrikanischen Juden.
Die nächste Wechselausstellung ist schon in Arbeit. Zum Jahrestag der Staatsgründung im Mai wird das Museum sechs Jahrzehnte Israel durch die Augen seiner Karikaturisten präsentieren. Dabei wird sich zeigen, dass viele der Themen, die 2007 für Aufregung gesorgt haben, so neu nicht sind – auch nicht in der Karikatur.
www.cartoonmuseum.org.il