Hamas

Raketen oder Reden

von Wladimir Struminski

Am 25. Januar wählen die Palästinenser voraussichtlich ein neues Parlament – falls Machmud Abbas, Vorsitzender der palästinensischen Autonomiebehörde PNA, seine Drohung wahrmacht und die Wahl verschiebt. Denn Umfragen zufolge könnte die fundamentalistische Hamas bis zur Hälfte der Angeordnetensitze erringen. Damit übernähme eine Organisation, die sich Israels Vernichtung auf ihre Fahnen geschrieben hat, eine Schlüsselrolle in der palästinensischen Politik. Zwar steht Abbas’ Posten bei der Wahl nicht zur Disposition, doch muß er einen Ministerpräsidenten ernennen, der das Vertrauen der ge- wählten Volksvertreter benötigt. Ob der neue Premier, der die laufenden Regierungsgeschäfte besorgt, von der Hamas gestellt wird, ist nicht abzusehen.
Auf jeden Fall aber könnten die Radikalen entscheidenden Einfluß auf die palästinensische Politik gewinnen. Die von Israel und vom Westen erhobene Forderung, vor der Wahl ihre Waffen abzugeben, haben die Fundamentalisten zurückgewiesen. So würde die Hamas nach Einschätzung von Meir Litvak vom Mosche-Dajan- Zentrum für Nahost- und Afrikastudien nach der Wahl einen ähnlichen Status genießen wie die schiitische Hisbollah im Libanon: Während der politische Flügel im Parlament sitzt, entsendet der militärische Flügel Selbstmordattentäter gegen den »zionistischen Feind« und beschießt ihn mit Raketen. Daß die Hamas gegenwärtig bei Terroraktivitäten Zurückhaltung übt, gilt in Israel als Taktik. Denn die von Abbas 2005 proklamierte Unterbrechung der Gewalt hat die Hamas zum 1. Januar 2006 offiziell aufgekündigt. Bei ihrem starkem Einfluß auf die Regierung wäre der israelisch-palästinensische Friedensprozeß wohl endgültig tot.
Es gibt aber auch optimistischere Einschätzungen. So glaubt Palästinenser-Experte Danny Rubinstein, der Hamas sei durchaus bewußt, daß rund zwei Drittel der Palästinenser einen Vertragsfrieden mit Israel wünschten. Das werde die Organisation mäßigen. Zudem teilten nicht alle Hamas-Wähler den islamistischen Revolutionseifer der Hamas. Sie hätten nur die Korruption der PNA und die gewalttätige Anarchie in Gasa satt. In der Neujahrsnacht sprengten maskierte Palästinenser den UNO-Club in Gasa-Stadt in die Luft; am Montag stürmten 200 palästinensische Polizisten die Verwaltungsbüros von Rafah und verlangten ein Ende des Chaos.
Die Hamas, glauben viele Wähler, werde es richten. Abbas und Teile seiner Fatah-Organisation befürchten dagegen nach einem Sieg der Fundamentalisten ihre Entmachtung. Deshalb erwägt Abbas, den Urnengang auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Offizielle Begründung: Israel läßt keine Abstimmung im annektierten Ost-Jerusalem zu. Doch ausgerechnet die auf die »Befreiung ganz Palästinas« fixierte Hamas behauptet, mit dem Wahlausschluß Jerusalems leben zu können. Die Treue des »Rais« (Präsident) zu den Wählern in der Heiligen Stadt geißelte Hamas-Führer Sahar als »schmutziges Spiel«.

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025

Thüringen

Buchenwald-Komitee droht mit Boykott von Gedenkfeiern

Die mögliche Wahl des AfD-Abgeordneten Jörg Prophet zum Vizepräsidenten des Landtags sorgt für Zündstoff. Zuletzt signalisierte die CDU von Ministerpräsident Mario Voigt Gesprächsbereitschaft gegenüber der AfD

 24.01.2025

Erinnerung

Gedenken an ermordete Sinti und Roma Europas

Der 27. Januar ist seit 2005 internationaler Holocaust-Gedenktag

 23.01.2025

TV-Tipp

»Die Frau in Gold« - Helen Mirren und Ryan Reynolds kämpfen um Raubkunst

Drama um das jüdische Kunsterbe einer Familie aus der NS-Zeit

von Franz Everschor  23.01.2025