von Ingo Way
Oskar Lafontaine kommt aus dem Dementieren nicht mehr heraus. Der Vorsitzende der Linken bestreitet, über ideologische Schnittmengen mit der NPD zu verfügen und für verfassungsfeindliche Politikansätze zu stehen. Auf dem Vereinigungsparteitag der Linkspartei und der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) am 16. Juni hatte Lafontaine die »Systemfrage« gestellt, weil die parlamentarische Demokratie in einer Krise stecke. Politiker von CDU und FDP warfen Lafontaine daraufhin verfassungsfeindliche Tendenzen vor. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla meinte, die Linke sei genauso »radikal« wie die NPD. Vertreter von SPD und Grünen protestierten gegen diese vermeintliche Verharmlosung der Rechtsradikalen.
Schützenhilfe bekamen die Lafontaine-Kritiker inzwischen vom Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. Auf der Tagung »Das Israelbild in Deutschland« im Berliner Centrum Judaicum (vgl. Jüdische Allgemeine vom 21. Juni) stellte Graumann die neue Linkspartei in die Tradition der SED und ihrer antizionistischen Außenpolitik. In der Linken wirke »das alte SED-Gift« weiter, Israel zu verdammen. Namentlich Lafontaine sei »von krankhafter Feindseligkeit gegenüber dem jüdischen Staat« getrieben.
Damit knüpfte Graumann an seine letztjährige Rede zum Gedenken an den 9. November in der Frankfurter Paulskirche an, in der er neben dem Antisemitismus der Rechtsradikalen auch den der Linken und der Friedensbewegung anprangerte. Schon damals warf er Lafontaine vor, »boshafte Kritik an Israel ... mit fast schon freundlicher Fürsorge für das kriminelle Regime in Teheran« zu verbinden.
Mittlerweile hat Graumann seine Vorwürfe zwar ein wenig abgemildert: »Weder Lafontaine noch die Linke sind antisemitisch«, sagte er auf der Berliner Tagung. Das hinderte die NPD aber nicht daran, dem Vorsitzenden der Linken Avancen zu machen. Der NPD-Generalsekretär Peter Marx hielt Lafontaine zugute, »außenpolitisch lupenreine und völlig authentische NPD-Positionen« zu vertreten, und lobte explizit Lafontaines Forderung nach »Eindämmung des Aggressionsstaates Israel«. Dafür habe Lafontaine »Solidarität« verdient. Marx wünscht sich gemeinsame Aktionen von NPD und Linker zur Bildung einer »antiimperialistischen Querfront«. Zwar wies die Linke den »plumpen Anbiederungsversuch« der NPD prompt zurück; in der Beurteilung der Politik der USA und Israels sind Überschneidungen dennoch nicht von der Hand zu weisen.
Der Düsseldorfer Politologe Ulrich von Alemann glaubt allerdings nicht, dass das Angebot der NPD ernst gemeint ist. Dies sei nur eine »taktische Show« der NPD, um sich aus der »Schmuddelecke heraus« zu begeben, sagte er der Jüdischen Allgemeinen. Koalitionen zwischen der Linken und der NPD seien »ausgeschlossen«. Den Einfluss der Linken hält von Alemann insgesamt für überschätzt. Auf Bundesebene würde sie niemals ein zweistelliges Ergebnis erzielen, so von Alemann.