Am Wochenende gehört Schlangestehen dazu. Am Eingang, am Lift, an der Würstchenbude. Aber das tut dem Spaß kaum Abbruch. Denn die Israelis sind verrückt nach der weißen Pracht. Das kalte Wetter der letzten Wochen hat dem Land außergewöhnlich viel Schnee beschert. Auf dem Hermon fielen drei Meter – genug, um die Skianlagen zu öffnen.
Die meisten Besucher fahren mit der Seilbahn auf die Spitze – um einen Schneemann einmal nicht nur im Fernsehen zu begutachten, sondern selbst zu bauen –und danach wieder hinunter. Doch jede Menge Israelis schnallen sich Skier oder Snowboards unter die Füße und genießen den Schnee ganz sportlich. Wie Maja Niv, die zum ersten Mal auf Brettern steht. Trotz zahlreicher Stürze und eines nassen Hosenbodens lacht die Frau aus Tel Aviv herzlich: »Ich wusste gar nicht, dass Fallen so viel Spaß machen kann.« Niv ist begeis-tert vom israelischen Skizirkus und hat sich fest vorgenommen, jedes Jahr ein Wo-
chenende auf dem Hermon einzulegen.
In der Skischule am Eingang bieten Dutzende Lehrer ihre Dienste an. Iftach ist einer von ihnen. Er rät Anfängern, min-destens eine Stunde Unterricht vor der ersten Abfahrt zu nehmen. »Oft überschätzen sich die Menschen und denken, es ist so einfach, und dann passieren die meis-ten Unfälle. Mit einer guten Vorbereitung aber kann jeder Skifahren lernen.«
Der 2.400 Meter hohe Berg Hermon gehört geografisch zu den Golanhöhen. Hier ist ein kleines, feines Skigebiet in 1.600 bis 2.040 Metern Höhe mit modernen Liftanlagen und professionell präparierten Pisten entstanden. Im Jahr 2004 sind Millionen von Dollar investiert worden, um die Anlagen zu erneuern und erweitern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Fünf Sessellifte transportieren bis zu 800 Menschen in der Stunde in die Höhe, dazu gibt es diverse Schlepplifte. Die blauen und roten Pisten ziehen sich auf einer Länge von 45 Kilometern entlang der Hügel.
Bis zu 2.000 Männer, Frauen und Kinder auf Skiern oder Snowboards drehen hier während der Saison täglich ihre Runden. Dazu kommen 6.000 mehr, die schlicht die Aussicht genießen oder sich Schneebälle zuwerfen wollen. Aus den Hütten an den Pisten dröhnt Pop- oder Reggaemusik, während sich die Sportlichen die Sonne auf die skibebrillten Gesichter scheinen lassen. Betrieben wird die Anlage von den Bewohnern des Moschaws Neve Ativ unterhalb des Hermon. Hier kann man Ausrüstung leihen und übernachten. Auch die Drusendörfer Massade und Majdal-Schams bieten Skier zum Leihen.
Beni Larover düst die Pisten auf seinem Snowboard wie ein Profi hinunter, bremst eindrucksvoll in einer Wolke aus Pulverschnee. Der 20-Jährige verbringt fast jeden Winter einen Urlaub in Österreich, kennt sich in den dortigen Skigebieten aus. Dieses Jahr fehlte das Geld für die Skiferien. Traurig ist er nicht. »Im Gegenteil«, sagt er und macht sich bereit für die nächste Abfahrt, »ich bin froh, dass ich endlich unser eigenes Skigebiet kennengelernt habe.« Sabine Brandes
Wintersaison