von Hannes Stein
Siebzig Prozent aller UNO-Resolutionen sind gegen Israel gerichtet. Die UNO-Konferenz »gegen Rassismus« im südafrikanischen Durban 2001 geriet zu einer schamlosen Orgie des Antisemitismus, und weil es so schön war, wird jetzt gerade für 2009 eine zweite Durban-Konferenz vorbereitet.
Im vornehmen Millenium Plaza Hotel in New York fand letzten Sonntag eine ganz andere Konferenz statt: »Die Dämonisierung Israels durch die Vereinten Nationen« – veranstaltet vom Hudson Institute, dem Touro College und der Association of Jewish Lawyers and Jurists. Die Höhle des zahnlosen Löwen, das UNO-Hauptquartier, lag gleich nebenan. John Bolton, den es als dortiger Botschafter der Regierung Bush gerade mal 16 Monate gehalten hatte, schaute vormittags kurz vorbei und plauderte aus dem Nähkästchen: Israel sei häufig der Ersatz für Amerika, die UNO prügele mit ihren Resolutionen den zionistischen Sack und meine den amerikanischen Esel. Debatten der versammelten Staatsvertreter zu lauschen, sei meistens so spannend, wie Gras beim Wachsen zuzuhören – aber wenn Israel rhetorisch verdroschen wird, sei die Gaudi jedesmal groß. Im Übrigen dachte Bolton laut über das israelische Bombardement jenes nicht näher definierten Ziels in Syrien vom 6. September nach. »Die Anlage, die Israel angriff, war eine Nuklearanlage«, sagte Bolton, und sie sei von Nordkorea geliefert worden. Es habe sich um ein iranisch-nordkoreanisches Joint Venture gehandelt: Die Mullahs zahlten, Pjöngjang lieferte das Material. Darum habe man Israel dieses eine Mal nicht vor den Weltsicherheitsrat gezerrt. Syrien sei die Sache peinlich gewesen, und den anderen arabischen Staaten sei die israelische Militäraktion gerade recht gekommen.
Ein besonders erlauchtes Organ ist der »Human Rights Council« der UNO. Staaten, in denen die Menschenrechte de facto außer Kraft gesetzt sind, bemühen sich mit Macht, hier Mitglied zu werden, denn dann können sie von niemandem mehr belangt werden. Um den Blick der Weltöffentlichkeit von ihren eigenen Folterkellern abzulenken, weisen sie mit gerecktem Finger auf Israel. Keith Roderick, ein episkopalischer Geistlicher, machte eine Begleiterscheinung davon deutlich: Niemandem falle mehr auf, dass der Nahe Osten heute von Christen »gesäubert« werde. Im Irak würden Christen Opfer sowohl der schiitischen Milizen als auch von Al Qaida. Im Gasastreifen werden die wenigen verbleibenden Christen gezwungen, Predigten über die Überlegenheit des Islam anzuhören. 1900 waren noch 20 Prozent der Bewohner des Nahen Ostens Christen, heute gerade mal zwei Prozent. Was sagen die Vereinten Nationen dazu? Nichts.
Seltsamerweise wollte Daniel Carmon, Israels UN-Botschafter, die Lage gar nicht so schwarz sehen: Mit der Generalversammlung sei für Juden nicht gut Kirschen essen, aber mit dem Büro des Generalsekretärs gebe es in pragmatischen Fragen eine Zusammenarbeit. Dieser Befund erinnerte ans christliche Mittelalter, wo die Juden direkt dem König unterstellt waren und nur hoffen konnten, dass er sie im Pogromfalle vor dem Mob schützen würde.
Am Ende der Konferenz dachte der erschöpfte Besucher an Shakespeares Shylock. Im Kaufmann von Venedig wird der Jude in einem Schauprozess von einem Richter, der süßlich von Gnade säuselt, nach und nach um alles gebracht – um seine Rache, seine Habe, seinen Glauben. Schließlich muss Shylock noch sagen: »I am content«, »Ich bin’s zufrieden«. Würde heute jemand dieses Stück zeitgemäß inszenieren, müsste über der Gerichtsszene riesengroß eine UNO-Flagge prangen.