Der Soziologe Klaus Hurrelmann erkennt in den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus einen grundlegenden Stimmungswandel in der Bevölkerung. »Die Proteste gegen rechts wirken auf mich wie ein Befreiungsschlag von Gruppen der Bevölkerung, die wegen Corona und der vielen anderen Herausforderungen sehr lange mit sich selbst beschäftigt waren und fast übersehen hätten, was alles auf dem Spiel steht«, sagte der Wissenschaftler von der Hertie School in Berlin der »Augsburger Allgemeinen«.
Hurrelmann fügte hinzu, die Bundesregierung sei nun angehalten, »jetzt offen und direkt auf die konstruktiven Kräfte in allen Gruppen der Gesellschaft aktiv einzugehen und sie aufzufordern, sich an der Lösung der anstehenden Probleme zu beteiligen«.
Der Protestforscher Dieter Rucht, Mitbegründer des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung in Berlin, ergänzte, die Breite der aktuellen Proteste hänge auch damit zusammen, dass die Besorgnis über eine Erosion der Demokratie gewachsen sei. Auch sei in diesem Zusammenhang wichtig, dass nun eher bürgerliche Gruppen statt linksradikaler Antifaschisten zu Protesten aufgerufen hätten.
Am Wochenende demonstrierten bundesweit Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus. Allein in München gingen am Sonntag laut Polizei 100.000 Menschen auf die Straße, den Veranstaltern zufolge 250.000. An den Kundgebungen beteiligten sich auch mehrere katholische Bischöfe. Kirchenvertreter und der Zentralrat der Juden in Deutschland lobten den Protest als wichtiges Signal für Demokratie und gegen Rassismus, Faschismus und die AfD. kna