von Daniel Kilpert
Wenn der Iran am 11. Juni zu seinem ersten Gruppenspiel gegen Mexiko in Nürnberg aufläuft, wird es außerhalb des Frankenstadions Proteste geben. Verschiedene pro-israelische Gruppen und iranische Exilvereinigungen haben Aktionen geplant – nicht gegen die Fußballer, wohlgemerkt, sondern gegen das Mullah-Regime und Irans Präsidenten Ahmadinedschad, aber auch gegen die Entscheidung des Fußball-Weltverbands, dem Regime mit der WM eine Plattform zu bieten.
So will die Initiative »Honestly Concerned« während aller Spiele des Iran in den Austragungsstädten Kundgebungen abhalten. Initiator Sacha Stawski sagte der Jüdischen Allgemeinen, bisher stünde eine Kundgebung vor der Alten Oper in Frankfurt am Main am 17. Juni fest. Dann trifft der Iran auf Portugal. Kundgebungen vor den Stadien sind zwar nicht erlaubt worden, aber in den Innenstädten wird Protest möglich sein. Ob und wie die pro-israelischen Gruppen in Leipzig auftreten werden, ist noch unklar. Denn die rechtsextreme NPD plant dort anläßlich des dritten Gruppenspiels der Iraner eine Pro-Ahmadinedschad-Veranstaltung.
Zu den Spielen plant »Honestly Concerned« einen besonderen Coup: Vor den Stadien sollen Israel-Fähnchen an die Zuschauer verteilt werden. »Wenn nur ein einziges Bild von Fans mit so einem Fähnchen irgendwo gedruckt wird, dann hätten wir unser Ziel schon erreicht«, sagt Stawski. Eine Zusammenarbeit sucht er mit iranischen Exilvereinigungen, den Parteien wie auch mit jüdischen und christlichen Organisationen. Zusätzlich versucht man, an Karten für die Spielen zu kommen, um auf diese Weise auch größere israelische Fahnen in die Stadien zu bringen.
Eine andere Stoßrichtung verfolgt ein Projekt, das von der Organisation »Yad Achat«, einem Netzwerk zum Ausbau des deutsch-israelischen Austauschs, und »Exilkunst«, einer Vereinigung iranischer Exilkünstler, getragen wird. Man will ein israelisch-iranisches Freundschaftsspiel mit kulturellem Rahmenprogramm auf die Beine stellen. Damit solle deutlich gemacht werden, daß jenseits des staatlich verfügten totalen Boykotts Israels durch das iranische Regime Israelis und Exil-Iraner »sehr wohl gut miteinander klar kommen können«, heißt es bei Yad Achat. Er erinnert beispielsweise an das Champions-League-Spiel des FC Bayern München bei Maccabi Tel Aviv, bei dem die Bayern auf ihren iranischen Stürmer Vahid Hashemian verzichtet hatten – offiziell wurden »Rückenprobleme« als Begründung angegeben. Statt- finden soll das Spiel am 11. Juni in Berlin, also am gleichen Tag wie das erste Match der iranischen Nationalmannschaft. Noch nicht ganz klar ist, ob es den Organisatoren gelingt, eine Mannschaft aus Israel einfliegen zu lassen – dafür fehlt bisher das Geld.
Die Forderung nach einem Ausschluß des Irans von der Fußball-WM, die Politiker wie Daniel Cohn-Bendit von den Grünen, aber auch Wolfgang Overath, der Präsident des 1.FC Köln, erhoben hatten, war vom Fußball-Weltverband Fifa abgelehnt worden. Auch unter den Organisatoren der Proteste ist ein solcher Ausschluß umstritten. Kritiker merkten an, daß Fußballspiele im Mullah-Staat immer eine Möglichkeit für die Menschen im Lande sei, ungehindert von den Revolutionswächtern zum Feiern und Reden zusammenzukommen. Zusätzliche Brisanz bekommen die Proteste durch die Ankündigungen staatlicher iranischer Stellen, Ahmadinedschad könne sich vorstellen die WM-Spiele seines Landes in Deutschland live zu verfolgen. Das Simon-Wiesenthal-Center hat die Fifa aufgerufen, einen solchen Besuch eines Holocaust-Leugners zu unterbinden. Auch drei iranische Ex-Nationalspieler, die im Exil leben und zum Umfeld der radikalen Regimegegner »Volksmudschahedin« gehören, haben sich in Berlin gegen eine WM-Reise Ahmadinedschads engagiert. Man dürfe nicht zulassen, daß Irans Präsident das Turnier zu Publicity-Zwecken mißbrauche. »Wir rufen alle Politiker auf, dafür Sorge zu tragen, daß der Staatspräsident der Islamischen Republik Iran ein Einreiseverbot für die Bundesrepublik Deutschland erhält und gegen ihn ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung und Leugnung nationalsozialistischer Straftaten eingeleitet wird« heißt es zudem in einem »Aufruf der Elf«. Zu den Erstunterzeichnern gehören die Publizisten Ralph Giordano und Henryk M. Broder sowie der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Thüringen, Wolfgang Nossen.