Körperwelten

Protest gegen Leichenschau

20 Leichen aus Deutschland sind auf dem Weg nach Israel. Im Gepäck haben sie au-
ßerdem 130 menschliche Körperorgane. Was in dieser Formulierung so makaber anmutet, geschieht derzeit tatsächlich: Die »Körperwelten« des Anatomen Gunther von Hagens sollen demnächst in Haifa ausgestellt werden. Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Schau ebenso ein Publikumsmagnet wie sie für Kontroversen sorgt. Mit dem so genannten Plastinationsverfahren, das von Hagens sich hat patentieren lassen, stellt dieser aus echten menschlichen Körpern Skulpturen her. Die präparierte Leichen tourten seither durch ganz Europa, USA und Südamerika und zogen insgesamt 26 Millionen Besucher an. In Israel waren sie bisher noch nicht zu sehen.
Das soll sich ab dem 6. April ändern. Dann nämlich wird von Hagens »Body Worlds« im Nationalen Wissenschaftsmuseum Madatech in Haifa eröffnet, das zur Zeit mit einer Ausstellung über die Dinosaurier Furore macht. Die Leichenschau wird von der Stadtverwaltung, dem Technion-Institut und der Israelischen Krebsgesellschaft gesponsert.
Mit Protesten hat das Madatech von Anfang an gerechnet. Dessen Pressesprecher Tzvi Ben-Yishai teilt mit, dass das Museum zu dem Schluss gekommen sei, dass Israelis das Recht hätten, die Ausstellung zu sehen, genauso wie der Rest der Welt. »Wir benötigen keine Erlaubnis des religiösen Establishments«, bekräftigt Ben-Yishai selbstbewusst.
Bei solch starken Worten liegt die Vermutung nahe, die Veranstalter hätten es bewusst auf eine Provokation abgesehen. Der Oberrabbiner von Haifa, Shear-Yashuv Cohen, lässt sich allerdings nicht so leicht provozieren. So ruft er nicht etwa zu Protesten auf – »das Museum hat das Recht, zu zeigen, was es will«, so Cohen –, rät allerdings dazu, die Ausstellung nicht zu be-
suchen. Dabei beruft er sich auf halachische Vorschriften, die Würde des toten menschlichen Körpers betreffend: »Nach jüdischem Gesetz soll eine Leiche so bald wie möglich beerdigt werden und darf nicht für eine Show missbraucht werden«, erklärt der Oberrabbiner.
Einen Schritt weiter geht eine Gruppe anonymer Protestierer, die sich von mehreren Anwälten vertreten lässt. Die verfassten einen Brief an den Bürgermeister von Haifa, Yona Yahav, Israels Minister für Wissenschaft, Kultur und Sport, Ghaleb Madschadle, sowie das Museum. In ihm fordern sie die Adressaten dazu auf, die Schau abzusagen. »Wäre es vorstellbar, dass eine Ausstellung mit den Leichen von Juden, die in den Konzentrationslagern ermordet wurden, in Israel mit ebensolcher Begeisterung aufgenommen werden würde?«, heißt es rhetorisch in dem Brief, der unter Federführung des Rechtsanwalts Aviad Hacohen entstand.
Die Parallele zum Holocaust ziehen auch mehrere Leserbriefschreiber in israelischen Tageszeitungen. »In Auschwitz wurden aus der Haut ermordeter Juden Geldbörsen und Lampenschirme hergestellt. Der Staat Israel sollte sich schämen, etwas derartiges zu zeigen«, schreibt etwa ein Leser der Jerusalem Post. Zu erwarten ist, dass die öffentliche Empörung den »Körperwelten« noch mehr Zulauf bringt. So war es im Rest der Welt. Und so wird die Ausstellung wohl auch in Haifa ein großer Erfolg werden. Ingo Way

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