von Daniela Breitbart
Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und so ist es verständlich, dass sich Berlins Innensenator Ehrhart Körting ihrer Wirkung bedient, um einer Forderung Ausdruck zu verleihen, die nicht neu ist: ein Verbot der NPD. Die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, rechnete es vor: 42 Prozent ihrer Einnahmen beziehe die NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung, weitere 50 Prozent aus steuerlich absetzbaren Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Damit komme der Steuerzahler »unterm Strich« zu 64,5 Prozent für die NPD auf. Körting bemerkte, es gehe nicht an, dass eine »menschenverachtende Ideologie« auch noch vom Staat finanziert werde. Er hofft, dass er seine Kollegen aus den Ländern davon überzeugen kann, sich an einem erneuten Verbotsverfahren zu beteiligen. Deren Reaktionen sind allerdings geteilt.
Beistand kommt aus Sachsen-Anhalt. »Wir haben das gleiche Interesse und werden ein solches Anliegen sicher unterstützen«, so der Sprecher des Innenministeriums Klaus-Peter Knobloch. Der bloße As- pekt der Finanzierung ist ihm allerdings »zu einseitig«: »Wir würden das sicher globaler angehen.« Dazu gehört für ihn vor allem, die Gewaltbereitschaft zu bekämpfen, die die NPD in Kameradschaften und Jugendorganisationen immer weiter schüre.
Auch der bayerische Innenminister Günther Beckstein »hätte die NPD gerne verboten«, bekräftigt Sprecher Rainer Riedl. Ein neuerliches Verbotsverfahren habe aber keinen Sinn, solange die Voraussetzungen nicht geändert würden. »Zögen wir die V-Männer zurück, wie es das Bundesverfassungsgericht verlangt, könnten wir die NPD nicht mehr von innen beurteilen – und nach außen hat die NPD die Springerstiefel ausgezogen«, so Riedl.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch ist ebenfalls dagegen, Quellen zu offenbaren: »Dann wären wir blind.« Trotzdem hält er die inhaltliche Ausrichtung der Partei für »klar verfassungswidrig, somit verbotswürdig«. Ob er deshalb allerdings einem neuerlichen Verbotsverfahren zustimmen werde, macht er von einer »eingehenden Prüfung der Chancen und Voraussetzungen« abhängig.
Auch der Sprecher des sächsischen Innenministeriums, Andreas Schumann, ist skeptisch: »Wir befürchten, dass die NPD in eine Märtyrerrolle gedrängt wird, die ihr mehr nutzt als schadet. Ein Verbotsverfahren könnte eine Aufmerksamkeit schaffen, die kontraproduktiv ist.« Schumann regt an, sich inhaltlich und argumentativ mit der Partei auseinanderzusetzen: »Allein das verspricht Erfolg.«
Auch das saarländische Innenministerium plädiert für die politische Diskussion: »Nur sie kann deutlich machen, welches undemokratische und rassistische Gedankengut durch die Funktionäre, Mitglieder und Anhänger der Partei verbreitet wird«, betont Judith Fischer, Persönliche Referentin der Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Durch ein Verbot würde die NPD in den Untergrund gedrängt und könnte nur noch schwer durch staatliche Organe beobachtet werden. »Die Wähler müssen von der Unwählbarkeit der NPD überzeugt werden«, so Fischer. Nur durch den Stimmenverlust bei Wahlen könnten auch die Steuermittel, die der Partei zufließen, stetig reduziert werden.
Ähnliche Stimmen kommen aus Baden-Württemberg. »Wir, das heißt alle Demokraten, müssen die NPD politisch bekämpfen«, sagt die Sprecherin des Innenminis- teriums, Alice Loyson-Siemering. »Verfahren, die so schwierig sind, wie es die Vergangenheit gezeigt hat, helfen uns nicht weiter.« Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann teilt diese Auffassung. »Wir sind der Meinung, dass ein neuerliches Verbotsverfahren nichts bringt«, so Pressesprecher Klaus Engemann. Auch Hamburg warnt vor Schnellschüssen: »Eine zweite Niederlage beim Bundesverfassungsgericht dürfen wir uns nicht erlauben«, so der Sprecher des Innenministeriums, Reinhard Fallak.
Die öffentliche Finanzierung der Partei etwa durch Wahlkampfkostenerstattung ist in den meisten Ländern allerdings kein Rechtsargument für ein Parteiverbot. »Die Parteienfinanzierung ist ein Wesenszug der Demokratie«, so der Sprecher des sächsischen Innenministeriums, Andreas Schumann. Auch in Bayern ist man vorsichtig: Die Parteienfinanzierung sei »gesetzlich angelegt und stehe jeder Partei zu«, auch wenn sie dem Bundesbürger weh tue, so Pressesprecher Rainer Riedl: »Jede andere Sicht ist populistisch.«