Konrad Adenauer und Ludwig Erhard, sich mißsstrauisch beäugend; Herbert Wehner, die obligatorische Pfeife im Mund; der junge Paul Spiegel mit vollem schwarzen Haar; Hans Modrow und Gregor Gysi 1989, noch optimistisch lachend; Romy Schneider beim Filmball. Stefan Moses hat sie und viele andere deutsche Nachkriegsberühmtheiten für Stern, Twen und die legendäre Agentur Magnum porträtiert. Aber auch gewöhnliche Menschen: Straßenbahnschaffnerinnen, eine Familie im Freibad, Trabifahrer während der Wende.
50 dieser Bilder sind jetzt im Haus des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands in Berlin zu sehen. Deutsche Vita heißt die Ausstellung. Nicht zufällig. Während es andere Starfotografen seiner Zeit in die Ferne zog, je exotischer, desto lieber, war für Stefan Moses Deutschland »das interessanteste Land der Welt«. Trotz – oder vielleicht wegen – seiner Biografie: Als »Nichtarier« war der damals 16-Jährige 1944 in ein Zwangsarbeiterlager deportiert worden.
Neun Jahre vorher, als 7-Jähriger, hatte Stefan Moses sein erstes Bild veröffentlicht. Seitdem hat er über 10.000 Filme belichtet, am liebsten Tri-X und T-Max von Kodak, klassische Schwarz-Weiß-Filme. »Farbe vergeht, Schwarz-Weiß besteht«, sagt er. Moses ist handwerklicher Traditionalist. Er arbeitet immer noch mit seiner alten Leica und einer Hasselblad. Mit digitaler Fotografie hat er nichts am Hut: »Ich bin ein analoger Mensch!« Der 79-Jährige arbeitet heute noch fast täglich in seiner Dunkelkammer.
Stefan Moses’ Fotos sind keine Schnappschüsse. Sie wurden von ihm inszeniert. Trotzdem wirken sie selten gestellt. Auch das zeugt von der Kunstfertigkeit des Mannes, den der Schriftsteller Hans Sahl einmal einen »Psychografen« nannte. Er erspürt die Subjektivität seiner Modelle, etwa mit der von ihm gern benutzten »Moment danach«-Methode: Ex-DDR-Ministerprä si dent Lothar de Maizière zum Beispiel, aufgenommen, gerade als er nach nach dem Fototermin aufsteht – sichtbar erleichtert. Marco Limberg/Michael Wuliger
Stefan Moses: Deutsche Vita. Fotografien 1949-1998
Berliner Sparkassenhaus, Charlottenstraße 47, 10117 Berlin