von Ingo Way
Wochenlang wurde in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche gewaschen, nun scheint die Affäre ein Ende zu finden: Der Präsident der Weltbank, Paul Wolfowitz, ist nach knapp zwei Jahren Amtszeit von seinem Posten zurückgetreten. Wolfowitz war international in die Kritik geraten, weil ihm, der eine groß angelegte Antikorruptionskampagne innerhalb der Weltbank gestartet hatte, ausgerechnet Korruption vorgeworfen worden war. Er soll seiner Lebensgefährtin Shaha Riza, die ebenfalls bei der Weltbank arbeitete, einen wesentlich besser besoldeten Posten im State Department zugeschanzt haben.
Wolfowitz selbst hat immer betont, im Einklang mit den ethischen Regeln der Weltbank gehandelt zu haben. Nach eigenen Angaben hatte er die Bank über seine Verbindung zu Riza informiert. Die Ethik-Kommission der Weltbank forderte daraufhin eine Versetzung Rizas, fügte hinzu, dass sie für ihren Karrierebruch entschädigt werden müsse, und wies Wolfowitz an, für ihre Versetzung selbst zu sorgen. Wolfowitz sah sich als Opfer einer Kampagne, da ihm später vorgeworfen wurde, genau dies getan zu haben.
In der Tat gab es einige, die Wolfowitz von Anfang an loswerden wollten. Bei den Mitarbeitern der Weltbank war er wegen seines autoritären Führungsstils und seiner Antikorruptionskampagne unbeliebt. Die europäischen Mitglieder der Weltbank sahen in Wolfowitz einen Vasallen George W. Bushs. Bush hatte Wolfowitz 2005 für den Posten als Weltbankchef vorgeschlagen; zuvor war er als stellvertretender Verteidigungsminister maßgeblich für den Irak-Krieg mitverantwortlich. Die Europäer befürchteten, Wolfowitz würde bei der Weltbank einseitige amerikanische Interessen durchsetzen.
Die Reaktionen einiger deutscher Politiker auf Wolfowitz’ Rücktritt, allen voran die von Heidemarie Wieczorek-Zeul und Peer Steinbrück (beide SPD), ließen durchaus eine gewisse klammheimliche Freude erkennen. Wieczorek-Zeul hatte Wolfowitz, als dieser noch amtierender Weltbank-Präsident war, aufgefordert, dem in Berlin stattfindenden Afrika-Forum der Weltbank fern- zubleiben – ein diplomatischer Affront. Der Publizist Scott Sullivan sah daher in der amerikanischen Zeitschrift »The Conservative Voice« geradezu eine Hetzkampagne vornehmlich deutscher Politiker gegen Wolfowitz am Werk und verglich Letzteren mit Alfred Dreyfus. Damit suggeriert Sullivan antisemitische Motive. Belegen kann er sie nicht.
Wolfowitz ist Sohn eines jüdischen Einwanderers aus Polen, der 1920 auf der Flucht vor der Roten Armee in die USA flüchtete. Ein großer Teil seiner Verwandtschaft wurde in der Schoa ermordet. Seine Anhänger erklären mit diesem familiären Hintergrund Wolfowitz’ Unnachgiebigkeit gegenüber Diktaturen und seinen Willen, weltweit die Demokratie durchzusetzen, was sich in seiner Zeit als Weltbank-Chef auch in seiner Politik der Kreditvergabe an Entwicklungsländer niederschlug.