von Tobias Blanken
Die Rechtsanwaltskammer Berlin und die Bundesrechtsanwaltskammer haben in einer feierlichen Veranstaltung am 28. November im Berliner Centrum Judaicum an die Verfolgung und Ermordung jüdischer Anwälte unter dem NS-Regime erinnert. Anlass war das Erscheinen der zweiten und erweiterten Auflage des Buches Anwalt ohne Recht – Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933 und das erstmalige Erscheinen einer gesamtdeutschen Fassung, die von der Bundesrechtsanwaltskammer herausgegeben wird.
Im Vorfeld der Veranstaltung enthüllte die Präsidentin der Berliner Rechtsanwaltskammer, Margarete v. Galen, einen »Stolperstein« in Erinnerung an Julius Blumenthal. Blumenthal wurde 1933 nach seinem Berufsverbot als Anwalt Leiter der Rechtsabteilung der jüdischen Gemeinde. 1942 wurde er in dieser Funktion als Geisel für eine Deportation anderer Gemeindemitglieder verhaftet und im KZ Sachsenhausen ermordet. Anhand von Einzelbibliografien wie der Blumenthals sollen die Bücher und eine gleichnamige Wanderausstellung über die Unrechtsmaßnahmen informieren, unter denen die jüdischen Juristen ihren Beruf, ihre Heimat oder ihr Leben verloren.
In der Veranstaltung im Centrum Judaicum würdigte dessen Direktor Hermann Simon den Umstand, dass die Anwaltskammern den verfolgten und ermordeten Juristen ein zwar spätes, aber würdiges Andenken bereiten. Simon selbst las in seiner kurzen Eröffnungsrede aus dem Tagebuch seines Großvaters vor, der in Berlin als Anwalt tätig war und in Folge des Berufsverbots verarmte und schließlich verbittert starb. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, selber aus einer Juristenfamilie stammend, erinnerte sich an ihre Kindheit und schilderte, wie ihre Familie ausgerechnet von einem Gestapo-Mann gerettet wurde, der Jahre zuvor Mandant ihres als Rechtsanwalt tätigen Vaters war.
Die bewegendste Rede des Abends wurde von Judith Klein gehalten, die mit ihren 82 Jahren zum Andenken an ihren Vater aus Washington D.C. angereist war. Ihr Vater, der Anwalt Heinrich Veit Simon, ist im Mai 1942 »nicht gestorben, sondern ermordet worden«. Ihrer Mutter wurde von den Behörden des NS-Regimes untersagt, den Sarg zu öffnen. Als sie sich jedoch über dieses Verbot hinwegsetzte, erblickte sie den Leichnam ihres Mannes mit eingeschlagenem Gesicht. Trotz und wegen dieser Schrecken, so Judith Klein, sei sie dankbar, dass es zumindest ein Grab gibt, wo sie ihres Vaters gedenken könne. Und dass man ihn nicht vergisst, sondern die Erinnerung auf Veranstaltungen wie dieser wach hält.