Herr Knigge, US-Präsident Barack Obama wird am kommenden Freitag die Gedenkstätte Buchenwald besuchen. Was erwartet den mächtigsten Mann der Welt?
knigge: Ich setze auf die Kraft des authentischen Ortes. Hier kann man ganz plastisch zeigen, was eine mörderische Ideologie, was Antisemitismus, was Rassismus, was soziale Stigmatisierung bedeuten und welch schreckliche Folgen sie haben können. Ich wünsche dem amerikanischen Präsidenten, dass dieser Besuch ihn in seiner Politik bestärkt. Ich glaube, das sehen die Überlebenden auch so.
Welche symbolische Bedeutung hat Obamas Besuch?
knigge: In Buchenwald und einen Tag später in der Normandie wird der amerikanische Präsident die Botschaft vermitteln wollen, dass man an die nationalsozialistischen Verbrechen erinnern muss. Kurz vorher will er mit einer Rede in Kairo ein Signal setzen, dass es eines wirklichen Dialogs zwischen dem Westen und der islamischen Welt bedarf. Beides gehört zusammen und soll vermutlich klarmachen, dass Obamas Dialogbereitschaft etwas grundlegend anderes ist als Appeasementpolitik.
Wird Obama mit ehemaligen Buchenwald-Häftlingen zusammentreffen?
knigge: Es ist für beide Seiten – sowohl für Präsident Obama als auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel – ein Herzensanliegen, Repräsentanten der Überlebenden zu treffen. Das werden wohl Bertrand Herz, der Präsident des Internationalen Buchenwald-Komitees, und Florial Barrier, ein Überlebender aus den Reihen der französischen Résistance, sein.
Fürchten Sie eine politische Instrumentalisierung der Gedenkstätte durch den Besuch des US-Präsidenten?
knigge: Das Gedenken an solchen Orten muss dem Vermächtnis der Opfer angemessen sein. Von ihnen höre ich oft, dass Obama mehr als frühere US-Präsidenten ein Symbol für ihre Rettung ist, weil sein Großonkel an der Befreiung des Buchenwald-Außenlagers Ohrdruf beteiligt war. Und noch etwas Wichtiges kommt hinzu. Obama repräsentiert das, wofür sie von jeher eingetreten sind: Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte.
Mit dem Leiter der KZ-Gedenkstätte Buchenwald sprach Martin Krauß.