von Wladimir Struminski
Es sollte nichts weiter als ein weiteres Neubauprojekt werden. In der galiläischen Stadt Karmiel schrieb das staatliche Bodenamt den Bau von 43 Eigentumshäusern aus. Unter den erfolgreichen Bewerbern befanden sich auch arabische Familien. Da fiel den Beamten auf, dass die kleine Siedlung auf einem Grundstück des Jüdischen Nationalfonds (KKL) entsteht. Die Ausschreibung wurde annulliert und neu formuliert: mit dem besonderen Hinweis, dass sich das Grunderwerbsverfahren nach dem Staatsvertrag mit dem Jüdischen Nationalfonds richte. Darin wird festgelegt, dass KKL-Eigentum nur an Juden verpachtet werden darf. Im Klartext: Araber können sich nicht um ein Grundstück bewerben.
Der Vorfall liegt drei Jahre zurück, doch dauert der durch ihn ausgelöste Streit an. Mehrere Kläger, unter ihnen die israelische Vereinigung für Bürgerrechte, riefen das Oberste Gericht an. Sie forderten, die Nur-für-Juden-Klausel abzuschaffen. Selbst der Rechtsberater der Regierung, Meni Masus, erklärte, dass KKL-Böden für alle Bewohner Israels zugänglich sein müssen. Der Termin für die Gerichtsverhandlung steht inzwischen fest: Am 10. September wollen die Obersten Richter über die Klage beraten.
Die Aussicht auf eine mögliche gerichtlich angeordnete Freigabe von KKL-Land für jedermann wollten allerdings drei Mitglieder der Knesset nicht akzeptieren. Die Parlamentsabgeordneten Uri Ariel (Nationalunion-Nationalreligiöse Partei), Seew Elkin (Kadima) und Mosche Kahlon (Likud) brachten eine Gesetzinitiative ein, wodurch der Passus in der KKL-Satzung, dass Grundstücke des Nationalfonds nur an Juden verpachtet werden dürfen, für Israel Gesetzesrang bekommen soll. Einen Anfangserfolg durften Ariel, Elkin und Kahlon verbuchen: Bei der ersten Lesung votierten vor zwei Wochen 64 der 120 Abgeordneten für ihren Antrag, nur 16 Knesset-Mitglieder lehnten den Gesetzesentwurf ab.
»Meine Fraktionskollegen, die für die Vorlage gestimmt haben, haben ihr wahres, rassistisches Gesicht gezeigt«, schäumte der drusische Abgeordnete Madschali Wahabi von Ehud Olmerts Kadima-Partei. Auch Yoav Loeff ist empört. »Wir halten das Gesetz für rassistisch«, sagte der Pressesprecher der Bürgerrechtsvereinigung der Jüdischen Allgemeinen. Und die Tageszeitung Haaretz kommentierte: »Eine rassistische Knesset.«
In der Frühphase des Zionismus trug der Jüdische Nationalfonds (KKL) wesentlich zum Aufbau des jüdischen Gemeinwesens in Israel bei. Heute kümmert er sich vornehmlich um Umwelt, Landschaftsschutz, um Lebensqualität, und ist vor allem für groß angelegte Bewaldungprojekte bekannt. Die Ausschließlichkeitsklausel leitet sich aus den ursprünglichen Zielen der 1901 gegründeten Organisation ab. Während der türkischen und britischen Herrschaft hatte der Fonds die Aufgabe, möglichst viel Bodenfläche für die Besiedlung durch Juden zu erwerben.
Mit der Staatsgründung wurde der KKL-Auftrag obsolet. Der jüdische Staat war nun selbst der Souverän und übernahm letztendlich im Rahmen eines Staatsvertrages auch die Kontrolle über KKL-Böden. Der Fonds ist zwar Eigentümer seiner Ländereien, doch obliegt deren Vergabe dem Staat. Und dieser setzt die alte Regel durch: KKL-Land ist nur für Juden, nicht aber für die israelischen Araber, immerhin ein Fünftel der Bevölkerung, bestimmt.
Den immer wieder in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf des Rassismus weist die Organisation von sich. Auf der Grundsatzebene habe man als zionistische Privateinrichtung durchaus das Recht, Land für jüdische Besiedlung bereitzuhalten. Zudem sei es üblich gewesen, dass der Fonds auf Land, das für Nichtjuden benötigt wurde, verzichtete und im Austausch vom Staat andere Böden erhielt. Damit hätten alle leben können. Wenn diese Praxis in den letzten Jahren ausgehöhlt worden sei, so sei dies eine Politik des Bodenamtes, nicht des KKL. Der umstrittene Gesetzesentwurf sei keine Initiatve des Nationalfonds.
Ad absurdum wird mit der Gesetzesinitiative auch die Personalpolitik im Jüdischen Nationalfonds geführt: Erst vor einigen Wochen trat das erste arabische Direktoriumsmitglied des KKL seinen Posten an. Der 37-jährige Bauplaner Radi Saffouri wurde in das politische Leitungsgremium des Fonds als Vertreter der linksliberalen Meretz-Partei entsandt. Rechte Gegner hatten ein Jahr lang versucht, die Ernennung zu vereiteln. Im Juni schmetterte das Oberste Gericht ihre Klage jedoch als unbegründet ab. Saffouri selbst, ein Katholik aus dem galiläischen Kafr Kana, versprach, sich in seinem neuen Amt für alle Israelis, einschließlich der Araber, einzusetzen. Jetzt besteht die Gefahr, dass die Knesset ein Gesetz ratifiziert, nach dem Saffouri den Jüdischen Nationalfonds zwar mitleiten, auf einem KKL-eigenen Grundstück allerdings nicht wohnen darf.