Waldbrände

Notruf 911

von Jacob Berkman

»Ich habe mein ganzes Leben für dieses Haus gearbeitet«, sagt Daniel Okonsky, »ich habe es gebaut, ich habe es instand gehalten – und jetzt ist nichts mehr da.« Okonsky lebt mit seiner Familie derzeit im Sheraton-Hotel in San Diego, seit sie wegen der verheerenden Großbrände in Südkalifornien ihr Haus verlassen mussten.
Die am Sonntag vor einer Woche ausgebrochenen Waldbrände verwandelten das Gebiet zwischen San Diego und Los Angeles in ein grollendes Inferno, vernichteten eine Fläche, die größer ist als jene der beiden Bundesländer Berlin und Hamburg und zerstörten bislang 1.800 Häuser, darunter auch das von Daniel Okonsky.
Während die ganze Region gegen das Feuer kämpft, versuchte die jüdische Gemeinschaft, der in den Countys San Diego und Los Angeles beinahe eine dreiviertel Million Menschen angehören, einzuschätzen, wie viele in ihren eigenen Reihen zu Schaden gekommen sind. San Diego County, wo etwa 100.000 Juden leben, wurde am schwersten getroffen, 14 einzelne Großbrände wüteten dort. Rund 350.000 Menschen wurden aus ihren Häusern evakuiert.
Es ist nicht genau bekannt, wie viele der Evakuierten jüdisch sind; dennoch erörtern führende Gemeindevertreter regelmäßig per Telefonkonferenz die Lage. Das Lawrence Family Jewish Community Center in La Jolla wurde geräumt. Laut Michael Sonduck, dem Direktor der United Jewish Federation von San Diego County, gab es Schäden durch Rauchentwicklung. Die Einwohner der jüdischen Seniorensiedlungen »Sea Crest« in Rancho Bernardo und Encinitas wurden auf freiwilliger Basis evakuiert, ebenso fünf der 40 Synagogen in der Region.
Die United Jewish Federation, die Jewish Community Foundation und der Jewish Family Service von San Diego haben Katastrophenfonds eingerichtet, um die Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. »San Diego bereitet uns am meisten Sorgen«, sagt Rabbi Mark Diamond, Vizepräsident der Rabbinervereinigung von Südkalifornien. Am ersten Tag gingen 35.000 Dollar bei dem Fonds ein.
United Jewish Communities (UJC), die Dachorganisation der nordamerikanischen jüdischen Gemeinden, hat zusammen mit der Federation einen Hilfsfonds für die von den Bränden Betroffenen eingerichtet; dazu gehören ein Briefkasten für die Annahme von Schecks und ein Online-Spendenformular, um jüdischen wie nichtjüdischen Opfern zu helfen.
Die Arbeit von Rabbi Diamond besteht zurzeit hauptsächlich darin, Kontakt herzustellen zu den 290 Rabbinern von San Diego bis zu San Luis Obispo, die seiner Vereinigung angehören, um gemeinsam zu überlegen, wie die Synagogen sich gegenseitig helfen können. Fehlen einer Gemeinde Räume oder Ausstattungsgegenstände wie Gebetbücher oder Ähnliches, wird die Rabbinervereinigung sich kümmern, so Diamond.
Noch während sie sich um ihre Synagogen Sorgen machten, halfen viele Juden den Menschen außerhalb der eigenen Gemeinschaft. Als die Presbyterianische Kirche von Malibu niederbrannte, boten die Synagoge und das Gemeindezentrum der Rekonstruktionisten in Malibu an, die Vorschule der Kirche für ein paar Monate unterzubringen. Und in San Diego versorgte Chabad in einem Footballstadion rund 10.000 Evakuierte mit Decken sowie mit Lebensmitteln, die örtliche Restaurants gespendet hatten (vgl. Interview Seite 1).
Los Angeles und Umgebung – dort leben etwa 550.000 Juden – sind vergleichsweise glimpflich davongekommen, und auch die jüdische Gemeinde in Orange County südlich von Los Angeles hat laut Chelle Friedman, Direktorin des Planungs- und Finanzierungsrats der Jewish Federation of Orange County, die Gefahr halbwegs unversehrt überstanden.
Doch der wahre Horror war im Süden, wo die vergangene Woche nach den Worten vieler vom Feuer Betroffener grauenhaft gewesen sein muss. »Es ist wie ein Kriegsgebiet«, sagte Okonsky, der sein Haus, das er vor 16 Jahren auf einem 1,32 Hektar großen Grundstück gebaut hatte, verlor.
Okonsky, Mitglied von Chabad in Poway, wurde am Sonntag vergangener Woche um 3.30 Uhr morgens von den Behörden mit der Nachricht geweckt, dass er sein Haus räumen müsse. Ein paar Minuten später fiel der Strom aus. Durch die Dunkelheit stolpernd, konnte Okonsky nur ein paar Familienfotos von den Wänden nehmen, während er seine drei Söhne aus dem Haus drängte. Sie fanden bei seinen Eltern im nördlich gelegenen Rancho Bernardo Zuflucht, bevor zweieinhalb Stunden später auch dort die Häuser evakuiert wurden. Die 14 Chabad-Häuser in seiner Region hätten als eine Art Telefonkette für mögliche Zufluchtsstätten fungiert, schildert Okonsky. Ein Chabad-Haus bot Schutz, Essen und Unterkunft; und sobald dieses Haus den Evakuierungsbescheid erhielt, öffnete das nächste Chabad-Haus in einem noch sicheren Gebiet seine Türen.
Inzwischen ist der Brand unter Kontrolle. Die eigentliche Arbeit beginnt erst dann, wenn Menschen, die wie Okonsky alles verloren haben, mit den Problemen des Wiederaufbaus konfrontiert sind. Als er einen Tag nach der Evakuierung nach Hause zurückkehrte, gab es nichts mehr. Nur aus einer Gasleitung im Fundament, die die Feuerwehrleute vergessen hatten stillzulegen, schossen Flammen hervor. Okonsky hat seine Versicherung über den Verlust benachrichtigt, doch er weiß nicht, was als Nächstes kommt. »Ich habe so etwas noch nie erlebt«, sagt er. »Ich weiß nicht, nach welchem Muster ich mich richten soll. So etwas passiert nicht alle Tage: Man hat ein Haus, wo man seine Kinder großzieht, und auf einmal ist da nichts mehr.«

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