Österreich

Ministerin vergleicht Schoa mit Unfalltod ihres Großvaters

Karoline Edstadler (hier bei einer Veranstaltung in Brüssel im Dezember 2019) wird für eine Aussage bei einer Veranstaltung in Wien am Montag kritisiert. Foto: Michael Thaidigsmann

Die österreichische Europaministerin Karoline Edtstadler ist in ihrer Partei, der ÖVP, eine Senkrechtstarterin. Die 39-Jährige war bis vor gut einem Jahr Staatssekretärin im von FPÖ-Scharfmacher Herbert Kickl geführten Innenministerium, galt dort aus eine Art »Aufpasserin« ihres Parteichefs, Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Im Mai 2019 wurde sie dann als ÖVP-Listenführerin ins Europäische Parlament gewählt. Dort übernahm sie den Vorsitz der überparteilichen Arbeitsgruppe gegen Antisemitismus und machte das Thema in Brüssel und Straßburg zu einem ihrer Schwerpunkte.

Im Januar beorderte Kurz Edtstadler dann wieder nach Wien zurück – sie wurde Europa- und Verfassungsministerin in seinem schwarz-grünen Kabinett. Doch das Thema Antisemitismus und die Pflege guter Beziehungen zu Israel und zur jüdischen Gemeinschaft in Österreich waren ihr weiterhin ein Herzensanliegen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

GEDENKSTÄTTE Am Montag hielt die ehemalige Richterin anlässlich des Baubeginns einer neuen Schoa-Gedenkstätte in Wien eine Ansprache. »Ich bin keine Jüdin«, sagte Edtstadler. Vom Mord an Millionen von Juden habe sie erst im Geschichtsunterricht gelernt. Dann fügte sie an: »Im Alter von zwölf Jahren habe ich dennoch erfahren, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren.«

Ihr Großvater sei damals in Folge eines schweren Verkehrsunfalls gestorben, und ihre Mutter habe sie damals mit den Worten zu trösten versucht: »Solange du an ihn denkst, solange du über ihn sprichst, solange du seinen Namen nennst, wird er in dir weiterleben.« Damit schlug sie einen Bogen zur Gedenkstätte. Dort soll nämlich an die Namen der Holocaust-Toten erinnert werden - auf einer Namensmauer.

VERGLEICH Bini Guttmann, der österreichische Präsident der Europäischen jüdischen Studierendenunion EUJS, kritisierte den Vergleich der Ministerin. »Ich verstehe zwar, was Karoline Edtstadler hier ausdrücken möchte, aber nein, der industrialisierte Massenmord an 6 Millionen Juden*Jüdinnen ist nicht mit dem Unfall des Großvaters vergleichbar.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Gegenüber der Online-Zeitung »ZE.TT« fügte Guttmann an, es sei im Land der Täter nicht gut genug, über eigene Trauererfahrungen zu reden, wenn man über den Mord an sechs Millionen Juden spreche. »Wenn man in Österreich oder Deutschland Vergleiche mit der Schoa bringt, dann müssen die in eine andere Richtung gehen.«

SORGEN Edtstadler sagte dem gleichen Medium, sie habe keine Vergleiche anstellen wollen. »Der eingangs in meiner Rede erwähnte Tod meines Großvaters war kein Vergleich mit der Schoa – absolut nichts ist mit der Schoa vergleichbar«, erklärte sie. Vielmehr sei es ihr darum gegangen zu schildern, wie sie als Kind erstmals mit Trauer und Verlust konfrontiert worden sei und lernen musste, damit umzugehen. »Ich bedaure, wenn der sehr persönliche Versuch, eine Brücke zu meinem Empfinden herzustellen, missverständlich war«, so die Ministerin.

Guttmann sagte »ZE.TT«, er glaube nicht, dass sich die Aussagen der Ministerin intendiert gewesen seien oder sie sich viele Gedanken darüber gemacht habe. »Das macht es aber in keiner Art und Weise besser. Vielleicht ist es sogar Kern des Problems. Denn Frau Edtstadler ist nicht irgendjemand, sondern eine österreichische Bundesministerin, die auf einer Schoa-Gedenkveranstaltung spricht. Sie sollte es besser wissen. Das bereitet mir Sorgen«, so der Studierendenverbandschef.

Mainz

Weißer Ring: Jüdisches Leben auf dem Rückzug

Barbara Richstein, die neue Bundesvorsitzende der Organisation, fordert ein klares Eintreten gegen Judenhass

 15.01.2025

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Bundestagswahl

Russlands Außenminister Lawrow lobt AfD und BSW

Es gebe in ihren Äußerungen »viel Vernünftiges«

 14.01.2025

Helsinki

Scholz: Leben der Geiseln muss oberste Priorität haben

Über die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen heißt es, ein Abkommen sei greifbar. Der Bundeskanzler hofft auf einen Abschluss

 14.01.2025

Karlsruhe

Verdacht der Volksverhetzung: Polizei ermittelt gegen AfD

Es geht um ein in sozialen Netzwerken gepostetes »Abschiebeticket«. Die zumindest in Teilen rechtsextremistische Partei überschreitet immer wieder Grenzen

 14.01.2025

Vatikan

Papst verurteilt Massaker der Hamas und kritisiert Israel

Regelmäßig steht der Papst in der Kritik, er habe den Terrorangriff der Hamas auf Israel nicht klar genug verurteilt. In seinem neuen Buch tut er genau das, wirft aber auch Israel vor, Terror zu produzieren

von Severina Bartonitschek  14.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Marburg

»Biodeutsch« ist »Unwort des Jahres« 2024

Diskriminierend und »eine Form von Alltagsrassismus«: So stuft die Jury den Begriff ein, wenn er wörtlich verwendet wird. Zum »persönlichen Unwort« der Mitglieder Cheema und Mendel wurde »importierter Antisemitismus«

 13.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025