Boykott

»Nicht opportun«

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) hat an die Kandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien zur Wahl des Europaparlaments einen Brief geschrieben, um deren »Auffassung zur künftigen Iranpolitik der Europäischen Union zu erfahren«. Die DIG fordert in dem Schreiben einen deutschen Wirtschaftsboykott gegen den Iran, da »Deutschland der wichtigste Handelspartner des Iran« sei, sowie ein Verbot der islamistischen Hisbollah in Deutschland und Europa, die vom Iran unterstützt wird. Die DIG fragt die Kandidaten, ob sie sich im Europäischen Parlament sowie im Bundestag dafür einsetzen werden, dass die EU Boykottmaßnahmen beschließt, »Deutschland mit einem Wirtschaftsboykott vorangeht«, die Hermesbürgschaften abgeschafft werden, mit denen Irangeschäfte deutscher Firmen abgesichert werden, und die Hisbollah verboten wird. Eine Antwort erwartet die DIG in ihrem Schreiben, das vom Präsidenten der DIG, Johannes Gerster, unterzeichnet wurde, bis zum 22. Mai. iw

Herr Dreßler, die DIG fordert einen Wirtschaftsboykott gegen Iran durch Deutschland und die EU. Was halten Sie davon?
dressler: Solche Kampagnen sind gut gemeint, aber sie werden keinen Erfolg haben. Ich habe lange genug Politik betrieben, um zu wissen, dass man in einem Europa mit 27 Staaten so etwas nie hinbekommt.

Kürzlich haben Sie aber selbst die deutsche Industrie für ihre Geschäfte mit dem Mullahregime kritisiert.
dressler: Die Staatengemeinschaft bemüht sich seit Jahren, den Iran von der Möglichkeit, eine Atombombe zu bauen, abzuhalten. Der Nah- und Mittelost-Verein (NUMOV) – eine Wirtschaftsvereinigung, in deren Beirat ich sitze – hat innerhalb kurzer Zeit zwei Foren zur Förderung des deutsch-iranischen Handels abgehalten. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Ehrenvorsitzender von NUMOV, ist im Februar – angeblich privat – in den Iran gereist und hat den iranischen Präsidenten besucht. Schröder weiß natürlich, dass solche Reisen eines Ex-Kanzlers niemals privat sind.

Worin bestand Ihre Kritik?
dressler: Angesichts der Drohungen Ahmadinedschads gegen Israel müssen gerade Deutsche dieses Thema sehr sensibel behandeln. Deutschland hat eine recht flotte Handelsverbindung mit dem Iran. Mir geht es darum, dass darüber hinaus und in dieser politischen Lage nicht auch noch Werbeveranstaltungen für Geschäfte mit dem Iran gemacht werden sollten, um den Handel noch weiter zu steigern. Das finde ich völlig inopportun. Munter für Handel zu werben nach dem Motto: »Alles andere sind politische Fragen, die uns nichts angehen, wir sind für die Geschäfte zuständig«, ist naiv. Selbstverständlich ist auch Handel ein substanzieller Bestandteil von Politik.

Halten Sie einen Wirtschaftsboykott des Irans für ratsam?
dressler: Ich glaube nicht, dass man einen Boykott europaweit organisieren und über Jahre aufrechterhalten kann. Was ich sage, hat mit einem Aufruf zum Boykott auch nichts zu tun. Denn das wird keinen Erfolg haben.

Was kann denn Deutschland tun, um die iranische Atombombe zu verhindern?
dressler: Deutschland kann das nicht verhindern. Das geht nur innerhalb der Staatengemeinschaft. Auch die EU, selbst wenn sie sich einig wäre, würde das nicht schaffen, ebenso wenig die USA. Es ist eine Frage, die auch an China, an Russland, an Japan zu richten ist. Die Achse, mit der so etwas möglich wäre, ist die UNO. Niemand kommt an dieser Erkenntnis vorbei.

Mit dem SPD-Politiker und früheren Botschafter in Israel sprach Ingo Way.

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025

Thüringen

Buchenwald-Komitee droht mit Boykott von Gedenkfeiern

Die mögliche Wahl des AfD-Abgeordneten Jörg Prophet zum Vizepräsidenten des Landtags sorgt für Zündstoff. Zuletzt signalisierte die CDU von Ministerpräsident Mario Voigt Gesprächsbereitschaft gegenüber der AfD

 24.01.2025