von Christine Schmitt
Ihr Büro ist klein, aber die Mitarbeiter des Jüdischen Soziokulturellen Zentrums Ludwig Philippson haben große Pläne. Der Magdeburger Verein will sein Bildungs- und Hilfsangebot für russische Zuwanderer erweitern und zwar mit einer zweiten Veranstaltungsreihe, die im September beginnen soll. Die erste Reihe ging kürzlich zu Ende. Vom Sprachkurs über Ausstellungen internationaler Kunst und Filmreihen bis zur politischen Diskussion hat das Zentrum in den vergangenen Monaten zahlreiche Veranstaltungen organisiert.
Die Vereinsmitarbeiter versuchen, Migranten aus der Isolation zu holen, sie bieten Deutsch- und andere Weiterbildungskurse an, ein Integrationsseminar und soziale Einzelberatungen. »Durchschnittlich vier- bis fünfmal wöchentlich suchen überwiegend Zuwanderer unsere Beratung auf«, erzählt Vorstandsmitglied Anna Trojanowskaja.
Ziel des Vereins sei es auch, zwischen rußlanddeutschen Aussiedlern und russischsprachigen Juden zu vermitteln. Das geschehe unter anderem mit kulturellen Veranstaltungen, zu denen rund zweimal im Monat in die Seminarräume des Einewelt-Hauses an der Schellingstraße eingeladen werde.
Über das Leben der Juden und ihre Geschichte aufzuklären und Verständnis für ihre Religion, Kultur und Kunst zu wecken – das sind die langfristigen Ziele, die sich der Verein gesteckt hat.
»Mit den Finanzen ist es immer sehr schwierig. Wir haben Fördermittel aus dem Stadtteil-Programm LOS (Lokales Kapital für soziale Zwecke) von Bund und Europäischer Union beantragt«, sagt Anna Trojanowskaja.
Vor elf Jahren kam die heute 53jährige aus Rußland nach Magdeburg. Sie habe einen jüdischen Verein gesucht, sagt sie. Weil sie keinen fand, initiierte sie selbst einen: Gemeinsam mit sechs anderen jüdischen Zuwanderern gründete sie vor drei Jahren das Jüdische Soziokulturelle Zentrum Ludwig Philippson. Der Verein zählt heute 20 Mitglieder. Drei Mitarbeiter sind auf Ein-Euro-Basis beschäftigt.
»Zu den hiesigen jüdischen Gemeinden haben wir keinen Kontakt«, sagt Valerija Manjuk, die Sprecherin des Zentrums. Man verstehe sich nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zur Gemeinde. Religiöse Themen seien bei ihnen kein Schwerpunkt. Sie möchten zwar Mitglieder der jüdischen Gemeinde ansprechen, aber eben auch Einheimische und nichtjüdische Zuwanderer. »Wir sind offen für alle.« Aber die Mitglieder der beiden jüdischen Gemeinden der Stadt werden immer in einem Extra-Schreiben besonders aufgefordert zu kommen, betont Trojanowskaja.
»Das Zentrum ist kein jüdischer Verein«, sagt hingegen Igor Tokar, Vorsitzender der liberalen jüdischen Gemeinde Magdeburg. Auf eine Zusammenarbeit mit dem Ludwig-Philippson-Zentrum lege er keinen Wert.