von Peter Nowak
Nun hat auch die Linkspartei ihren Nahostkonflikt. Ausgelöst wurde er durch einen Offenen Brief an die Mitglieder der Linkspartei-Fraktion, der am 6. August von Ulf-Peter Graslaub, Juliane Nagel und Fabian Blunck veröffentlicht worden ist. Die drei Mitglieder des sächsischen Landesverbands unterzogen dort Stellungnahmen führender Linkspartei-Mitglieder zum jüngsten Krieg in Nahost einer heftigen Kritik: »Als Mitglieder, Sympathisanten und Wähler der Linkspartei, ... finden wir es unerhört, daß der Linkspartei offiziell nichts anderes einfällt als Israel als ›Aggressor‹ zu bezeichnen und die Opfer hauptsächlich auf Seiten des Libanon zu sehen.« Als Beispiel führen sie Stellungnahmen von Wolfgang Gehrcke und Norman Paech an, die in der Fraktion für die Außenpolitik zuständig sind.
So erklärte Gehrcke vor seiner jüngsten Reise in den Nahen Osten: »Unsere Reise ist Ausdruck der Solidarität mit der libanesischen Bevölkerung und des Protestes gegen die israelische Kriegführung im Libanon. … Die deutsche Außenpolitik sollte sich hüten, im Nahost-Konflikt ausschließlich als verlängerter Arm der USA und Israels zu agieren.« Über die von Hisbollah-Raketen bedrohten Einwohner Nordisraels verlor Gehrcke ebensowenig ein Wort wie sein Fraktionskollege Paech. Der hatte in einem Interview mit der »Tageszeitung« am 16. Juli Israel vorgeworfen »einen unzulässigen Vernichtungskrieg gegen Milizen und Bevölkerung im Libanon« zu führen.
Die Unterzeichner des Offenen Briefs forderten »einen differenzierteren Blick auf die Situation im Nahen Osten und auf das ständige in seiner Existenz bedrohte Israel«. Außerdem wurde gefordert, »sich nicht mit terroristischen Vereinigungen wie Hamas und Hisbollah zu treffen und mit diesen zu verhandeln«. In seiner Antwort stellte sich der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine hinter die kritisierten Kollegen. Paech und Gehrcke seien der »humanistischen Tradition der Linken verpflichtet« und urteilten fair und ausgewogen. Enttäuscht zeigte sich die Mitunter- zeichnerin des Offenen Briefes Juliane Nagel, daß sich nicht mehr Politiker der Partei zu Wort gemeldet haben. Denn die jugendpolitische Sprecherin des sächsischen Landesverbands ist überzeugt, daß die Intention ihres Briefs von einigen Politikern ih- rer Partei in Sachsen und Berlin geteilt wird. Allerdings weiß Nagel: »Wir sind eine Minderheit«.
Auch im Bundesvorstand der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) ist ein Streit über die Nahostpolitik ausgebrochen. WASG-Vorstandsmitglied Christine Buchhholz, langjährige Aktivistin der strikt antizionistischen Orga- nisation »Linksruck«, hatte in einem Interview in der »Jungen Welt« die Hisbollah, Israels Friedensbewegung und die internationale Antikriegsbewegung als Verbündete bezeichnet und hinzugefügt: »Das ist die Seite, auf der auch ich stehe«. Die Hisbollah sei »völlig ungeeignet«, einen Beitrag zur friedlichen Lösung des Nahostkonflikts zu leisten, erklärte daraufhin WASG-Vorstandsmitglied Fritz Schmalzbauer. Er verwahrte sich auch dagegen, Israel zum Alleinschuldigen zu stempeln.