Nachwuchs für Runde Tische
Die DGAP lud zur
11. Internationalen Sommerschule
von Johannes Boie
Nicht jeder Student legt sich in der Sommerpause auf die faule Haut. Manch einer erarbeitet sich das Geld fürs nächste Semester, und wieder andere beschäftigen sich noch in den Ferien mit der Materie ihres Studiums. So geschehen in den vergangenen zwei Wochen in der Berliner Rauchstraße. In bester Botschaftslage trafen sich 33 qualifizierte Studenten aus 30 Ländern, um über die Probleme der Welt zu debattieren. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hatte zum Diskurs geladen und aus vielen Bewerbungen die bes- ten Studenten aus Europa, Russland, Asien, den USA, dem Nahen Osten und Afrika ausgewählt. Die jährlich stattfindende Summerschool soll nicht nur dazu dienen, politische Lösungsansätze zu entwickeln. Ziel sei es auch, »junge Nachwuchsführungskräfte zu fördern und zu vernetzen«, so die Pressemitteilung der DGAP.
Ein ambitioniertes Ziel, das mit Ehrgeiz verfolgt wurde. In 14 Tagen stand nur ein Tag Freizeit auf dem Programm. Stattdessen suchten die jungen Profis in Gruppen, die nach Regionen aufgeteilt waren, nach Strategien zur Bewältigung aktueller Probleme: Terrorismus, Nahostkonflikt, Umweltverschmutzung. Die ganze Agenda all jener Ärgernisse, die im täglichen medialen Kosmos zirkulieren, stand zur Debatte – und einiges mehr. Die Studenten, die durchgehend von hochdotierten Jobs in Politik und Wirtschaft träumen, konnten einiges lernen. »Der Balkan ist kaum noch in der Debatte«, erklärte der Schweizer David Weiss erstaunt und merkte selbstkritisch an: »Da weiß ich nicht genug darüber.« Der 24-Jährige studiert in Zürich Internationales Recht und Politikwissenschaft. In Berlin arbeitete er in einem Projektteam mit, das sich mit dem Nahen Osten befasste. Lösungsvorschlag der Gruppe für einen der erbittertsten Konflikte der Menschheit: »Man muss in den beteiligten Ländern die Gesellschaft beeinflussen, statt auf die Politiker zu vertrauen.« Ein Gesinnungswechsel auf allen Seiten sei anzustreben, sagte Weiss. Was eher banal klingt, war das Ergebnis harter Diskussionen. In der Gruppe saßen Menschen aus Ländern, die unmittelbar am Nahostkonflikt beteiligt sind, zusammen an einem Tisch. »Wir sind aber nicht persönlich geworden«, sagt Weiss. Wer genau hinhört, merkt jedoch, wie schwer manchen Studenten in den Diskussionen die Zurückhaltung fiel. »Wenn man auf der Betroffenheitsebene ankommt, bleibt die Sachlichkeit auf der Strecke«, musste Adi Shimron, 27, aus Israel erfahren. Sie studiert Politische Wissenschaft und Soziologie und war in der Europa-Gruppe der DGAP-Summerschool eingeteilt. Shimron glaubt fest an einen wachsenden internationalen Einfluss der Euro- päischen Union. Fazit ihres Gruppenvortrags während der Abschlusspräsentation: »Europe will run the 21st Century!«
Mit den anderen Teilnehmern des Treffens wollen sich Shimron und Weiss auch in Zukunft treffen. »Die unterschiedlichen Perspektiven bringen einen weiter.« Besonders gut sei es gewesen, dass auch Teilnehmer aus Osteuropa, Asien und Afrika dabei waren. »Man darf nicht immer alles auf Ost-West reduzieren«, sagt Shimron. Abseits bekannter Schemata zu diskutieren entspricht genau dem, was die Organisatoren der DGAP bei der Etablierung der Summerschool im Sinn hatten: ein Ideenaustausch junger Menschen mit unterschiedlichen Nationalitäten und Religionen, aus unterschiedlichen Kulturen und Regionen.