Krise

Nach der Krise die Not

von Eva C. Schweitzer

Es ist der größte Betrugsfall an der Wall Street – und er hat das jüdische Leben in den USA zutiefst erschüttert. »Bernard Madoff hat die jüdische Zivilgesellschaft für das kommende Jahrzehnt schwer beschädigt«, sagt ein Philanthrop, der mit dem Wall-Street-Financier und früheren NASDQ-Chef oft zu tun hatte und der, wie so viele, seinen Namen nicht nennen will. »Es ist so, als würden wir herausfinden, dass unser Vater ein Verbrecher ist«, meint Gary Tobin, Präsident des Institute for Jewish and Community Research. »Es ist wie ein mit Scham behafteter Betrug in der Familie.«
Vor zwei Wochen erfuhr Amerika von der FBI-Ermittlung gegen die Bernard L. Madoff Investment Securities LLC. Der Firma wurde vorgeworfen, mit einem Schneeballsystem Investoren betrogen zu haben. Denen wurden zwar Dividenden ausbezahlt, aber nicht aus tatsächlichen Gewinnen, sondern nur aus neu angeworbenen Einlagen. Mit dem Crash der Wall Street brach aber auch das System des 70-jährigen Investmentbankers zusammen. Madoff kam vorübergehend in Haft, wurde auf Kaution freigelassen und darf nun sein Stadthaus am Central Park nicht verlassen. Dabei galt gerade Madoff als ehrlich und vertrauenswürdig. »Wir nannten ihn den ›jüdischen T-Bill’« – nach Treasury Bill, dem Wort für Staatsanleihe – scherzt ein Hedgefonds-Manager.
Der Fall Madoff hat aber auch zu judenfeindlichen Ausfällen geführt. Die Anti-Defamation League (ADL) wies auf eine Flut antisemitischer Kommentare in Medien und auf Websites hin, die Vorurteile über Juden und Geld perpetuierten oder Verschwörungstheorien verbreiteten, wonach das Madoff-Geld in Israel gelandet sei. »Juden sind in einer Krise immer der Sündenbock«, sagt ADL-Chairman Abraham Foxman. »Und die Tatsache, dass viele der betrogenen Investoren auch noch jüdisch sind, hat für solche Leute einen perfekten Sturm kreiert.«
Madoff fand viele Opfer in der Fifth Avenue Synagogue, ein »Powerhaus« (New York Post), wo Benjamin Netanjahu bei seinen New-York-Besuchen betet. Deren Mitglieder investierten zwei Milliarden Dollar mit Madoff. Vermittelt hatte dies
J. Ezra Merkin, der Präsident der Synagoge, der den Wall-Street-Guru einführte. Allein der Vorsitzende Ira Rennert – der mit Junk Bonds so viel verdiente, dass er sich eine 100-Millionen-Dollar Villa in den Hamptons leisten konnte – musste 200 Millionen Dollar abschreiben.
Aber neben Investoren, die hofften, schnell reich – oder noch reicher – zu werden, wurden auch viele gemeinnützige Stiftungen und Vereine getroffen, die ihr Geld mit Madoff angelegt hatten. Jonathan Sarne, ein Geschichtsprofessor der Brandeis University, glaubt, dass jüdische Wohltätigkeitsorganisationen so eine Milliarde Dollar verloren haben.
Hadassah, die zionistische Frauenorganisation Amerikas, musste 90 Millionen Dollar abschreiben. Auch der American Jewish Congress hat hohe Verluste, wenngleich noch unklar ist, wie viele es sind.

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in München

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt traditionell einmal im Jahr zusammen – am letzten Sonntag im November

 24.11.2024 Aktualisiert

Berlin

Nan Goldin eröffnet Ausstellung mit Rede über Gaza-Krieg

Die umstrittene Künstlerin nennt Israels Vorgehen »Völkermord« – »propalästinensische« Aktivisten schreien Museumsdirektor nieder

 23.11.2024 Aktualisiert

Erfurt

CDU, BSW und SPD legen in Thüringen Koalitionsvertrag vor

Wegen der Außenpolitik des BSW ist das Bündnis umstritten

 22.11.2024

Debatte

So reagiert die EU auf die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant

Bei einem Besuch in Jordanien hat sich der EU-Außenbeauftragte Borrell zum Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Netanjahu geäußert - mit einer klaren Botschaft

 21.11.2024

USA: »Wir lehnen die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs für die Situation grundsätzlich ab«

 21.11.2024

Niederlande: Wir würden Netanjahu festnehmen

 21.11.2024

Haftbefehl gegen Netanjahu: Kanada will Gericht folgen

 21.11.2024

Berlin

Scholz soll am Montag als Kanzlerkandidat nominiert werden

Nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius soll Bundeskanzler Olaf Scholz am kommenden Montag vom SPD-Vorstand als Kanzlerkandidat für die Neuwahl des Bundestags nominiert werden

von Michael Fischer  21.11.2024

New York

USA blockieren Gaza-Resolution, Israel bedankt sich

Israels UN-Botschafter Danon: »Resolution war Wegbeschreibung zu mehr Terror und mehr Leid«

 21.11.2024