von Volker Boch
Es ist nur ein kleines Funkeln in den Augen von Motti Tichauer und seinen Tischtennisspielern, aber es könnte ganz Grenzau mit Glanz erfüllen. Die Begeisterung leuchtet in den Augen der jüdischen Sportler, die sich in dem Stadtteil von Höhr-Grenzhausen treffen, und über die Makkabiade sprechen – ihr großes Ziel.
Die Gegend, wo sie sich treffen, ist der Westerwald. Eine Landschaft, in der man einen schönen Wanderurlaub verbringen könnte. Doch bekannt geworden ist diese Idylle durch das Spiel mit dem kleinen weißen Ball: Tischtennis gehört nirgends in Deutschland so unumstößlich dazu wie hier.
»Wir kommen seit 20 Jahren hierher«, sagt Mordechai Tichauer. Alle nennen Tichauer, den Vizepräsidenten von Makkabi Deutschland, nur kurz Motti, auch er selbst. Ein- bis zweimal pro Jahr treffen sich Mottis Tischtennisspieler in Grenzau zu Lehrgängen. »Sport ist unsere gemeinsame Sprache«, sagt der Hanauer Funktionär, dessen Team aus Spielern besteht, die in der damaligen Sowjetunion, in Deutschland und in vielen anderen Ländern aufgewachsen sind. Die Sprachen sind unterschiedlich, der Sport verbindet.
Die Tischtennis-Mannschaft bereitet sich auf die Makkabiade vor, die am 13. Juli im Nationalstadion in Ramat Gan eröffnet wird. »Es wird ein großartiges Sportfest«, sagt Tichauer, der vor wenigen Wochen in Israel erleben konnte, wie weit die Vorbereitungen schon sind. »Wer hier teilnehmen kann, wird ihren einmaligen Geist erleben«. sagt Tichauer, der zugleich in der Maccabi World Union aktiv ist und Sportdirektor von Makkabi Europa.
Als die Sportler an diesem winterlich-kalten Morgen im Westerwald gerade zusammenstehen und sich unterhalten, schlappt Grenzaus Spitzenspieler Lucjan Blasczyk recht lustlos in die Halle. Abschlusstraining für die tags darauf anste- hende Bundesliga-Partie seines TTC Grenzau – das ist Normalität für den Polen, einen der besten Spieler der Bundesliga.
Für die Gruppe jüdischer Sportler, die Blasczyk auf seinem Weg durch die Halle passiert, ist dieser Trainingsmorgen ein Meilenstein. »Sport machen wir alle gern«, sagt Tichauer, »aber bei der Makkabiade geht es um mehr.« Der Teamchef spricht mit Begeisterung über das große Ziel der Tischtennisasse: Die 18. Makkabiade hat für alle eine besondere Bedeutung, schließlich hat die Zahl 18 in der jüdischen Kultur eine enorme Symbolik. Mit 180 Sportlern, tritt die deutsche Mannschaft in Israel an, bei der letzten Makkabiade gewann Deutschland 36 Medaillen. »Dieses Jahr haben wir wieder ein paar Kracher dabei«, verspricht Tichauer, der auch auf den jungen Bernard Blinstein aus Wiesbaden setzt.
Blinstein fehlt an diesem Tag in der kleinen Trainingsgemeinschaft, er hat ein Ligaspiel. Aber der 14 Jahre alte Netanel Weber aus Hannover ist dabei, »ein großes Talent«, wie Tichauer sagt. Auch Leo Weiss, 52 Jahre alt und scherzhaft von Tichauer als »der Opa« bezeichnet, ist da. Weiss lacht, immerhin ist Tichauer noch mal zehn Jahre älter als er. Abseits des ernsten Trainings wird schnell deutlich, dass Neckereien, feine Ironie und pure Fröhlichkeit feste Bestandteile des Makkabiadeteams sind. »Es geht bei uns nicht nur um Tischtennis«, sagt Tichauer, »es geht auch um die jüdische Identität«. Am Freitagabend hat die Mannschaft zum Auftakt des Lehrgangs gemeinsam Schabbat gefeiert.
Leo Weiss ist als »Dienstältester« im Team ein gutes Beispiel für diese Gemeinschaft: Der Routinier vom TuS Kriftel spielte 1973 erstmals für Makkabi Deutschland, gewann 1985 mit seinem Freund Benjamin Feingold bei der Makkabiade Mannschaftssilber. 24 Jahre nach ihrem großen Erfolg treten die beiden nun wieder an. Sie sind ein gutes Stück älter geworden, selbst das damalige »Küken« Feingold ist inzwischen 44. Sie lachen herzlich übers Alter, weil sie in der Gruppe nicht weniger fit wirken als Jungspunde wie Netanel Weber oder die 17-jährige Diana Stepanenko. Tichauer freut sich über den »Altersmix«, wie er es nennt.«
Wenn sich die Sportler mit »makkabi chai« vor dem Wettkampf anfeuern, ist es nicht nur ein Bekenntnis zum jüdischen Glauben und der Makkabi-Bewegung, es ist auch eine Stärkung ihrer Gemeinschaft. »Wir gehören zusammen«, sagt Tichauer. Feingold ergänzt: »Sport ist eben mehr als nur Bewegung.«