Foto-und Videoschau

Motivsuche

von Christian Buckard

Der Flyer, mit dem das Jüdische Museum Berlin die Besucher in seine neue Ausstellung Betrifft: Israel locken möchte, hat es in sich: Das farbige Coverfoto zeigt die Hinteransicht eines orthodoxen Juden, der einer Gruppe israelischer Soldaten auf der Straße entgegengeht. Stärker kann man den Klischeevorstellungen von Israel, die hierzulande in den Köpfen herumschwirren, kaum entgegenkommen. Und man weckt falsche Erwartungen.
Die Schau, die bis zum 24. Februar aktuelle Fotografie und Videokunst über Israel mit Arbeiten von 22 Künstlern aus Israel, Europa und den USA präsentiert, will, so das Museum, »eine Rundumsicht auf das Alltagsleben von Menschen in einer Atmosphäre politischer Spannungen und beständiger Gefährdungen« bieten. Sie wurde anlässlich des anstehenden 60. Gründungstags Israels vom New Yorker Jewish Museum übernommen, wo sie den Titel »dateline: Israel« trug. Der einzige inhaltliche Unterschied zum New Yorker Original besteht darin, dass das Foto einer palästinensischen Künstlerin – es zeigt einen Abschnitt der Sicherheitsanlage, die Israel von der Westbank trennt – auf ihren Wunsch in Berlin nicht gezeigt wird; man kann das Bild nur im Katalog der New Yorker Ausstellung sehen. Eine mögliche Erklärung für diesen ungewöhnlichen Schritt mag der Wohnort der Künstlerin sein: Sie lebt in Berlin.
Im Treppenhaus, durch das der Besucher zu den Ausstellungsräumen gelangt, weist ein großflächiges Schwarz-Weiß-Foto auf die Schau hin. Es stammt vom Altmeister der israelischen Fotografie, Boris Carmi. Das 1954 entstandene Bild zeigt ein von Kugeln durchlöchertes Straßenschild auf einer Kreuzung nahe dem Kibbuz Nachal Oz. Die Fotografien von Carmi, der, wie Yoram Kaniuk einmal schrieb, als einer der Ersten »in Hebräisch fotografierte«, haben den Test der Zeit bestanden. Ob die anderen Bilder dieser Ausstellung das ebenfalls vermögen, wird sich noch zeigen müssen. Auffällig ist, dass die Kuratoren offenbar nicht allen ihrer Exponate zutrauen, für sich selbst zu sprechen. Allzu oft wird dem Betrachter in einem zweisprachigen Text das Kunstwerk erläutert.
Viele der Fotos und Videos teilen den zeitlichen Bezugsrahmen: Sie entstanden kurz nach der Jahrtausendwende, als die durch Oslo geweckten Hoffnungen auf eine bessere, friedliche Zukunft durch die zweite Intifada nachhaltig erschüttert wurden. Doch verzichten die meisten Künstler auf jede »Drastik«, wie die Schriftstellerin Katharina Hacker in ihrer Eröffnungsrede sichtlich erleichtert feststellte. Es überwiegen eher unaufgeregte Momentaufnahmen, von denen diejenigen am meisten beeindrucken, die keiner Erklärung bedürfen: Die Jerusalem-Impressionen des Filmemachers Wim Wenders etwa, auch Wolfgang Tillmanns Darstellung Tel Avivs als »goldene Stadt« und vor allem Rina Castelnuovos Foto eines Polizeieinsatzes gegen Siedler in der Westbank, das in seiner Komposition fast an die Westernfilme John Fords erinnert.
Bemerkenswert an dieser Ausstellung aber ist vor allem das, was fehlt: So verzichten die in der Mehrzahl israelischen Künstler in ihren Werken darauf, der Generation der Staatsgründer Beachtung zu schenken. Auch deswegen entspricht Betrifft: Israel nicht den Erwartungen, die der Besucher an eine Schau zum 60. Geburtstag Israels stellen mag.
www.juedisches-museum-berlin.de

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025

Thüringen

Buchenwald-Komitee droht mit Boykott von Gedenkfeiern

Die mögliche Wahl des AfD-Abgeordneten Jörg Prophet zum Vizepräsidenten des Landtags sorgt für Zündstoff. Zuletzt signalisierte die CDU von Ministerpräsident Mario Voigt Gesprächsbereitschaft gegenüber der AfD

 24.01.2025