Monopoly mit Rechts
Fingiertes Interesse: Neonazis und ihre Immobiliengeschäfte
von Tobias Kaufmann
Die NPD gibt Pläne für den Kauf einer ehemaligen Gaststätte im pfälzischen Kirchheim an der Weinstraße auf. Den Rückzug begründete die Partei damit, daß das Gebäude kürzlich unter Denkmalschutz gestellt wurde. Die Pläne der Rechtsextremen, darin ein Schulungs- und Freizeitzentrum einzurichten, waren auf Widerstand gestoßen. Das rheinland-pfälzische Innenministerium hatte das Kaufinteresse als Finte gewertet und der Gemeinde abgeraten, ein Vorkaufsrecht für die Immobilie zu nutzen. Der Gemeinderat folgte der Empfehlung Ende Juli. Das geplatzte Geschäft bestätigt indirekt einen Bericht des »Spiegel«, wonach Rechtsextremisten gezielt Immobiliendeals anbahnen, um an Geld zu kommen. Häufig werde das Interesse nur vor- gespielt, um öffentliche Proteste zu provozieren und die Kommunen unter Druck zu setzen, das Objekt zu überhöhten Preisen selbst zu kaufen. Ein Sprecher des Bundesamts für Verfassungsschutz bestätigte der Jüdischen Allgemeinen, daß es bei den Behörden entsprechende Erkenntnisse gibt. Hausbesitzer und Neonazis arbeiten dabei offenbar Hand in Hand. Als Beleg führt der »Spiegel« eine Internet-Seite des NPD-Kreisverbands Jena an. Immobilienbesitzern sei darauf angeboten worden, »gegen Zahlung einer Parteispende« werde die NPD öffentlich erklären, die Immobilie erwerben zu wollen. Dadurch habe der Besitzer beste Chancen, »zu Höchstpreisen« an die Stadt zu verkaufen. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer warnte, die Neonazis seien »beim Immobilien-Monopoly« nicht zu besiegen. »Die rechten Geldquellen sprudeln und im Endeffekt lachen sich die NPD und ihre Helfershelfer ins Fäustchen, weil sie praktisch für jedes Objekt ihr Kaufinteresse anmelden können.«
Ein Dilemma, mit dem sich auch das niedersächsische Delmenhorst auseinandersetzen muß (vgl. S. 19). Die Stadtverwaltung und Spender wollen ein seit Jahren leerstehendes Hotel kaufen, um zu verhindern, daß der Rechtsextremist Jürgen Rieger das Gebäude erwerben und als Schulungszentrum für Neonazis nutzen kann. Rieger hat angeblich 3,4 Millionen Euro geboten. Das setzt die Stadt stark unter Druck. Ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums sagte der Jüdischen Allgemeinen, man könne nicht ausschließen, daß Rieger ernsthaftes Interesse am Kauf hat. »Nächste Woche soll das über die Bühne gehen«, sagte er am Dienstag. Der Besitzer wolle ihm die Immobilie schenken, um das Vorkaufsrecht der Stadt auszuhebeln. Nach Informationen der Jüdischen Allgemeinen aus Sicherheitskreisen gibt es aber auch Indizien dafür, daß Riegers Interesse vorgetäuscht sein könnte.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) betonte im NDR, das Land dürfe sich nicht erpreßbar machen lassen. Deshalb werde es kein Geld für den Kauf der Immobilie zur Verfügung stellen. »Es gibt andere Möglichkeiten, das haben wir bewiesen in Dörverden.« Dort hatte Rieger ein Bundeswehrgelände gekauft. Die Behörden hatten ihm mit Verordnungen und Polizeikontrollen die Nutzung unmöglich gemacht. (mit dpa)