Erst waren alle dagegen, jetzt überbieten sich Kulturpolitiker und bunte Blätter wahl- und werbewirksam mit Vorschlägen für den jüdischen Friedhof in der Hamburger Königstraße. Vor zehn Jahren hatte Michael Brocke vom Salomon-Steinheim-Institut in Duisburg die Aufnahme des jüdischen Friedhofs im Hamburger Stadtteil Altona in das UNESCO-Weltkulturerbe gefordert. Mitarbeiter des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg stellten in Publikationen und Ausstellungen diesen einzigartigen Friedhof einer größeren Öffentlichkeit vor.
Inzwischen ist der 1611 angelegte Friedhof bekannt. Während der sefardische Teil schon umfangreich dokumentiert ist, konnte in jüngster Zeit der Duisburger Judaist Michael Brocke mit einem Team die 5.917 Grabsteine und Steinbruchstücke des aschkenasischen Friedhofteils erfassen und darstellen. Die Forschungsarbeit ist im Bild, im hebräischen Text und in kommentierter deutscher Übersetzung im Internet einzusehen.
Nicht zuletzt diese Forschungsarbeiten beweisen, dass der Friedhof an der Königstraße nicht nur der älteste jüdische Friedhof im Hamburger Raum ist, sondern auch der älteste sefardische Friedhof in Nordeuropa. Mitarbeiter des UNESCO-Weltkulturerbes trafen sich nun vor wenigen Wochen in Hamburg mit Vertretern der Kulturbehörde und des Denkmalschutzamtes, um darüber zu beraten, wie der Friedhof den Status des Weltkulturerbes erlangen könnte. Die UNESCO schlug Barbados, das noch kein Weltkulturerbe besitzt, als möglichen Antragsteller vor. In Abstimmung mit Barbados könnte dann der ursprüngliche Plan realisiert werden, einen Verbund von sefardischen Friedhöfen in Hamburg, Ouderkerk (Amsterdam), Curaçao, Jamaika, Surinam und Barbados, die in sprachlicher, kultureller und künstlerischer Hinsicht eine Einheit bilden, auf die Tentativliste der UNESCO zu setzen. Ein Kniff, der klappen könnte.
Seit Ende November vergangenen Jahres ist der Friedhof Königstraße auch für die Öffentlichkeit zugänglich und die Gräber der Hamburger Portugiesen Isaac und Alfonso Cassuto, die ersten Erforscher dieses Friedhofs, können von jedermann besucht werden. Michael Halévy
www.steinheim-institut.de
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