Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Schauspieler Wotan Wilke Möhring (als »Tatort«-Kommissar Thorsten Falke) Foto: picture alliance/dpa

Der neue »Tatort« aus dem Norden beginnt mit einem Schreckensszenario an einem der belebtesten Plätze von Hannover: Ein Unbekannter ersticht in der Passage unter dem Hauptbahnhof aus dem Nichts und völlig unbemerkt zwei Männer. Umringt von Menschen - und trotzdem gibt es nicht einen einzigen Zeugen. Oder doch? 

Das verspricht zumindest der Vertreter einer privaten Software-Firma, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) große Datenmengen auswerten kann. Die Chefin des Landeskriminalamtes in Hannover, Gabriele Seil (Anna Stieblich), wagt es und setzt auf »Ermittler KI«. »Wenn wir nicht wollen, dass die Bösen gewinnen, müssen wir gleichziehen«, begründet sie den ungewöhnlichen Einsatz der Ermittlungssoftware Kroisos. Der »Tatort: Im Wahn« von Regisseurin Viviane Andereggen läuft am Ostermontag (21. April), 20.15 Uhr im Ersten.

Lesen Sie auch

Mit im überregionalen Team ist auch Bundespolizist Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring), denn die Morde passierten im Bereich des Bahnhofes. Gemeinsam mit der Kriminalbeamtin Yael Feldman (Peri Baumeister) und der Göttinger Kommissarin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) geht er also dort auf Spurensuche, wo die Big-Data-Auswertungen der künstlichen Intelligenz ihn hinführen. Die Prüfung von Handydaten, Bewegungsprofilen, Social-Media-Posts, Behördenkontakten, Nachrichtenbeiträgen, Gesichtserkennung und vielem mehr führt die Ermittler zu einem sehr wahrscheinlichen Täter: den psychisch kranken René Kowalski (Mirco Kreibich).

Der ist psychisch labil, wie die Daten ergeben, und war zudem in den vergangenen Wochen mehrfach ohne Grund am Bahnhof. Der KI reicht das, um sich auf einen Verdächtigen einzuschießen. Falke und seine Kollegin sind skeptisch. Ganz schön viel Schublade und Annahmen, findet Falke. Sich ohne einen einzigen echten Beweis auf einen Täter festlegen? Das geht doch nicht. Oder ist Falke einfach nur nicht mehr Up to date? »Haben Sie Vorbehalte gegen Algorithmen oder haben Sie Angst, von KI ersetzt zu werden?«, fragt ihn auch die Polizeidirektorin ganz direkt. 

Aber vielleicht ist echte Polizeiarbeit doch die bessere Wahl? Denn obwohl die Beweise in der Wohnung des Verdächtigen die Annahmen der KI zunächst stützen, gibt es bald einen dritten Mord - nach fast exakt dem gleichen Schema. Der erste Verdächtige und mutmaßliche Täter war da aber schon tot. 

Also muss die KI erneut ran und zaubert diesmal einen Verdächtigen mit ausländischen Wurzeln und islamischem Glauben aus dem Hut. Ein kritischer Journalist kommentiert das so: »Wieder einer, den Kroisus Ihnen vors Visier geschoben hat. Aufgrund welcher Faktoren diesmal? Krankheit hatten wir schon. Religion? Hautfarbe?«

Diesmal aber irrt die KI und Falke und seine Kollegin aus Hannover setzen stattdessen auf klassische Polizeiarbeit. Beobachten, befragen, Beweise sammeln und auswerten, Akten wälzen und selbst nachdenken. Falke ist seit dem Tod seiner Partnerin Julia Grosz (Franziska Weisz) stiller geworden. Das Nachdenkliche und Zurückhaltende steht ihm aber gut - und es ist im Nord-»Tatort« ein gelungener, starker, menschlicher Kontrast zur blitzschnellen, allwissenden KI.

Der neue »Tatort« aus dem Norden greift ein Thema auf, das längst in sehr vielen Bereichen des Lebens Einzug gehalten hat. Das Spannungsfeld zwischen dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und den unglaublichen Datenmengen, die zu vielen Menschen digital vorliegen, bildet der Sonntagkrimi aus der Feder von Georg Lippert schlau ab. Dabei nutzt er durchaus viele Vorurteile - aber eben die von allen Seiten. »Es war uns wichtig, die KI nicht zu verteufeln«, sagt Drehbuchautor Lippert laut Presseheft dazu. Interessiert habe ihn dabei vor allem der schmale Grat zwischen Nutzen und Risiken.

Bei der Polizei ist Analyse- und Recherchesoftware noch kein bundesweiter Standard, aber sie ist auf dem Vormarsch. Hessen und Nordrhein-Westfalen lassen die Polizeidatenbanken auf diese Weise zur Gefahrenabwehr bereits auswerten, Bayern will in diesem Jahr nachziehen, Hamburg prüft den Einsatz. Das Bundesinnenministerium will eine eigene Software-Lösung entwickeln.

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025