von Martin Krauss
»,Kindermörder’ wurde gerufen, ›Juden raus’, und ›Terroristen’«, erzählt Jonas Dörge. Er hatte mit Freunden zusammen am vergangenen Samstag in der Kasseler Innenstadt einen Stand aufgebaut, an dem für Solidarität mit Israel geworben wurde. Daran vorbei lief eine Demonstration gegen den Krieg in Gasa. Als einige Demonstranten den Stand bemerkten, attackierten sie ihn. Die Polizei spricht von 20 Angreifern. Einer der Männer schlug einen Betreiber mit einer Holzlatte auf den Kopf, verletzt wurde niemand.
Der Veranstalter der Demonstration, das Kasseler Friedensforum, weist Kritik zurück. »In unserer Verantwortung lag es, alles zu tun, dass es zu keinen Ausschreitungen kommt«, sagt Peter Strutynski vom Friedensforum. »In der Verantwortung der ›Standbetreiber’ lag es, dass Ausschreitungen offenbar gewünscht wurden.« Strutynski hält die Initiative, Flugblätter, Materialien und Papierfahnen an diesem Tag zu verteilen, für eine Provokation. »Kein Informationsstand Naher Osten, sondern eine proisraelische Kundgebung« sei es gewesen. »Viele Demonstranten mussten das als Provokation empfinden.«
Das lassen die Betreiber des Standes, die sich als Zusammenschluss von Privatpersonen verstehen, nicht auf sich sitzen: Weil man wisse, dass es bei den Demonstrationen des Friedensforums oft zu antisemitischen Äußerungen kommt, wollte man Gegeninformationen bereitstellen.
Dass es bei der Rangelei auch Mitglieder des Friedensforums waren, die sich schützend vor den Infotisch stellten, erkennt Jonas Dörge, der den Stand angemeldet hatte, an. »Aber auf der Abschlusskundgebung warf ein Redner Israel vor, ›das Volk zu terrorisieren’ und sprach von ›israelischen Kriegsverbrechen’.«
Unterdessen kündigte der NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) an, das Verhalten der Duisburger Polizei disziplinarrechtlich prüfen zu lassen. Am Samstag vor zwei Wochen hatten bei einer Antikriegsdemonstration Polizisten in einer Wohnung zwei Israelflaggen sichergestellt. Duisburgs Polizeipräsident Rolf Cebin entschuldigte sich für seine Beamten. Am vergangenen Samstag kam es wiederum in Duisburg zu einem Vorfall. Am Rande einer Antikriegsdemonstration flogen Feuerwerkskörper auf eine Gruppe junger Leute, die Israelfahnen trugen.
Stephan J. Kramer, der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, erklärte: »Heute haben Juden und die Unterstützer des Staates Israel mehr Angst als noch vor einigen Jahren, für ihre Überzeugung in Deutschland auf die Straße zu gehen.«