»Feindbild Judentum. Antisemitismus in Europa – Zur Geschichte eines Vorurteils« war der Titel des Vortrags, zum dem das Kulturzentrum der IKG München den Historiker und Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch jüdische Studien an der Universität Potsdam Julius H. Schoeps eingeladen hatte. Im Begleitprogramm zu der Ausstellung »Antisemitismus? Antizionismus? Israelkritik?« im Gasteig, die in dieser Woche zu Ende gegangen ist, berichtete er über seine Eindrücke und Erfahrungen zum Thema.
Als Mitherausgeber des Sammelbandes »Feindbild Judentum. Antisemitismus in Europa«, hat er seit Langem Informationen über die Entwicklung in elf Ländern zusammengetragen, die die Beharrlichkeit antijüdischer Feindbilder und sogar eine Zunahme antisemitischer Straftaten seit der Jahrtausendwende in fast allen Regionen Europas belegen. Bei dem Abend im Gemeindezentrum zeigte Schoeps anhand von Politikeräußerungen, dass sich oft schon hinter der Wortwahl Ressentiments verbergen. Häufig tauche in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob man nicht mehr sagen dürfe, was man denke. Später in der Diskussion ergänzte einer der Teilnehmer diesen Gedanken und betonte, dass der Antisemitismus inzwischen nicht nur in der Mitte, sondern auch in der Elite der Gesellschaft angekommen sei. Als Beispiel für eine distanzierende Wortwahl im Zusammenhang mit Juden hatte Schoeps das häufig verwendete Wort »Mit«-Bürger angesprochen: »Niemand käme auf den Gedanken, zum Beispiel von katholischen Mitbürgern zu sprechen.« Dem Antisemitismus, so Schoeps, sei mit Rationalität nur schwer beizukommen. Doch die Debatte darüber müsse auch in Zukunft weitergeführt werden. gue
Antisemitismus