Verständigung

Minderheit trifft Mehrheit

Das dreißigste Jahr der Hochschule für Jüdische Studien (HfJS) wird hoffentlich auch als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem ein wichtiger Schritt getan wurde, der die unmittelbare Wirkung in die deutsche, womöglich sogar europäische Gesellschaft hinein ermöglicht hat. Und das er-
gänzend zum akademischen Bereich.
Das Zentrum für interkulturelle Kommunikation (ZikK) ist ein assoziiertes Institut der Hochschule, wird aber von einem eigenen, 2009 gegründeten Trägerverein und aus Spenden finanziert. Das Ziel dieses Zentrums ist es, religiös-kulturelle Minderheiten und Mehrheiten miteinander ins Gespräch zu bringen. Dies hat besondere Bedeutung in einer Gesellschaft, die faktisch immer vielgestaltiger wird, die aber über die daraus sich ergebenden Fragen der jeweils eigenen Zuordnung im Dienste eines funktionierenden, demokratischen Ganzen bislang zu wenig reflektiert hat.

Jugendprojekt Das ZikK baut teilweise auf einem Programm auf, das ich als Rektor noch in der HfJS installieren durfte, nämlich das mittlerweile mit einem Preis ausgezeichnete Jugenddialogprojekt Likrat. Junge Menschen, die die Möglichkeit haben, als Pioniere der Verständigung in einer Gruppe von Gleichaltrigen zu wirken, sind die potenziellen Träger eines neuen Selbstverständnisses ganzer Gruppen. Darauf baut auch das ZikK auf, bloß soll hier die Zielgruppe vergrößert werden. Die Vorhaben sind dabei nicht mehr a priori definiert, sondern lassen sich in Absprache mit den Ansprechpartnern gezielt definieren.
Konkret ist derzeit ein Programm in Vorbereitung, das auf eine Annäherung jüdischer und muslimischer Jugendlicher im Raum Stuttgart hinarbeiten soll. Partner sind dabei die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg und die Stuttgarter Niederlassung des Verbands Islami-
scher Kulturzentren, der unter anderem Jugendheime für muslimische Jugendliche betreibt. Herangezogen worden ist das ZikK dafür vom Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg, das sich da-
von neue Impulse in der Integrationsarbeit und im jüdisch-muslimischen Verhältnis erhofft.
Die ersten vorbereitenden Kontakte zeigen, dass großes Interesse an diesem Projekt besteht. Zugleich wird offenbar, dass die Verantwortlichen der Institutionen bei der Vorbereitung gut eingebunden werden müssen, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Für die Jugendlichen selbst wird es wichtig sein, dass der Spaß an dem Projekt, die Ausbildung eigener zusätzli-
cher Fähigkeiten und Qualifikationen und die Förderung der Idee eines Miteinander zusammenkommen. Es soll sie (oder einige von ihnen) so weit bringen, selbst »peer mentors«, Vorbilder und Instruktoren für Gleichaltrige, zu werden.
Mittelfristig wird auch eine Erweiterung der Tätigkeiten des ZikK über die Landesgrenzen hinaus, zunächst in die Schweiz, ins Auge gefasst – ein Ziel, dem auch das Staatsministerium mit Sympathie gegenübersteht.

Förderung Das Personal des ZikK wird, nach einer kleinen Anschubfinanzierung durch den Zentralrat der Juden in Deutschland, durch umfangreiche Spenden der Dietmar-Hopp-Stiftung und der Daimler AG über die ersten beiden Jahre finanziert. Es umfasst, nebst einer nebenamtlichen Direktorenstelle, zwei wissenschaftliche Mitarbeiterstellen. Diese werden von Monika Preuss, Judaistin und Historikerin, und Hussein Hamdan, Doktorand der Islamwissenschaft in Tübingen, besetzt, die im Oktober ihre Arbeit aufnehmen werden.
Das ZikK ist dem Zentralrat der Juden und der Hochschule, vor allem deren Leiter Johannes Heil, für ihre Unterstützung zu Dank verpflichtet. Wir selbst sehen die Hochschule für Jüdische Studien als den Ort, an dem dieses Zentrum schlüssigerweise seinen Platz hat. Die jüdische Minderheit mit ihrer jahrhundertelangen, oft – aber nicht immer – leidvollen Erfahrung in Europa, hat ein hohes Bewusstsein für Möglichkeiten und Grenzen von Integration entwickelt. Es bringt den minoritären Blick mit, der oft fehlt, wenn von Minderheiten, etwa der muslimischen, Integration um fast jeden Preis gefordert wird. Der kann aber auch helfen, die partikularen Ansprüche von Minderheiten realistisch den gegebenen gesellschaftlichen Umständen anzupassen.
Im Neubau der Hochschule erhält auch das ZikK ein eigenes Büro, wodurch die unmittelbare Nähe der beiden Institutionen auch räumlich dokumentiert sein wird. Wir freuen uns auf die Zukunft in Verbindung mit der Hochschule und sind überzeugt, dass die Erfolge und das Fortkommen beider einer gegenseitigen Befruchtung in hohem Maße zugutekommen werden.

Flüchtlingshilfswerk

Israel verbietet UNRWA Arbeit auf seinem Staatsgebiet

Israel schränkt die Arbeit des UN-Hilfswerks für die Palästinenser nach Terrorvorwürfen massiv ein

 28.10.2024

Berlin

Schimon Stein: Jüdisches Leben in Deutschland bleibt bedroht

»Der Schutz des jüdischen Lebens ist zum deutschen Mantra geworden«, so der Ex-Botschafter

 23.10.2024

Schloss Meseberg

Scholz dankt Katar für Vermittlung im Nahost-Krieg

Das Emirat ist Vermittler, gilt aber auch als Terror-Finanzier

 23.10.2024

Nahost

Baerbock macht sich in Beirut Bild der Lage

Die Außenministerin warnt vor »völliger Destabilisierung« des Libanon

 23.10.2024

Nahost-Krieg

London schränkt Waffenexporte nach Israel ein

Staatssekretärin Anneliese Dodds spricht von einer Begehung mutmaßlicher Kriegsverbrechen

 23.10.2024

Video

Was Sinwar kurz vor dem Überfall auf Israel machte

Die israelischen Streitkräfte haben Videomaterial veröffentlicht, das Yahya Sinwar am Vorabend des Hamas-Überfalls am 7. Oktober 2023 zeigt

 20.10.2024

Gaza

100.000 Dollar für jede lebende Geisel

Der Unternehmer und ehemalige Sodastream-CEO Daniel Birnbaum hat den »guten Menschen in Gaza« ein Angebot gemacht

 20.10.2024 Aktualisiert

Feiertage

Chatima towa, oder was?

Was von Rosch Haschana über Jom Kippur bis Sukkot die korrekte Grußformel ist

von Rabbiner Yaacov Zinvirt  24.10.2024 Aktualisiert

Baden-Württemberg

Jüdisches Mosaik in Karlsruhe beschädigt

War es ein Unfall, Vandalismus oder eine gezielte Tat?

 15.10.2024