Im Prozess um ein mutmaßlich als Racheakt aufwendig gefälschtes Plagiat fordert die Verteidigung Freispruch für den Angeklagten. Die Anwälte des Mannes, der sich laut Anklage an einem prominenten Rechtsmediziner rächen wollte, sahen eine Vorverurteilung ihres Mandanten und bemängelten, der 70-Jährige habe kein faires Verfahren bekommen. »Man prügelt das Ergebnis einfach auf Biegen und Brechen durch«, sagte Anwalt Deniz Aydin.
Er und sein Kollege Mathias Grasel sehen eine Befangenheit von Gericht und Staatsanwaltschaft, weil es sich bei dem mutmaßlichen Opfer um den Chef der Münchner Rechtsmedizin, Matthias Graw, handelt und die Rechtsmedizin in vielen Fällen mit der Strafjustiz zusammenarbeite.
Verteidiger: »kein rechtsstaatliches Verfahren«
Darum sei die Justiz entlastenden Hinweisen, die zugunsten des Angeklagten sprechen, nicht nachgegangen. »Es kann schlichtweg nicht sein, dass man hier am Münchner Amtsgericht kein rechtsstaatliches Verfahren bekommt«, sagte Aydin und sprach von einer »Befürchtung eines Schulterschlusses der Justiz mit dem Nebenkläger«.
Laut Anklage hatte der Mann versucht, den Leiter der Münchner Rechtsmedizin mit einem aufwendig gefälschten Plagiat zu diskreditieren. Dafür soll er Helfer in Pakistan angeheuert haben, ein wissenschaftliches Werk zu erstellen und den Eindruck zu erwecken, als wäre es vor 1987 erschienen.
In dieses Buch sollen dann Passagen und Abbildungen aus der Dissertation des Rechtsmediziners eingeflossen sein. So sollte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Eindruck entstehen, als hätte der Mediziner für seine 1987 erschienene Doktorarbeit daraus abgeschrieben.
Mutter war angeblich Holocaust-Überlebende
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, der Angeklagte habe sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen wollen, dass seine Mutter nach ihrem Tod im Jahr 2020 gegen seinen Willen obduziert worden war.
Zu dieser Obduktion seiner Mutter, »der Holocaust-Überlebenden Gestapo-Gefangenen«, wie er sagte, meldete der Angeklagte, der sich im Prozess zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert hatte, in seinem letzten Wort sehr ausufernd zu Wort. Die Obduktion sei unprofessionell abgelaufen. »Es waren Pfuscher am Werk gewesen, die das Gehirn zerstückelt haben«, sagte er. Der Bestatter habe ihm »das kalte Gehirn und die anderen Körperteile und den Herzschrittmacher« gegeben. »Das war Hundefutter.« Er gab außerdem an, er gehe davon aus, dass seine Mutter gar nicht tot war, als sie in das Institut für Rechtsmedizin gebracht wurde, sondern dort »am Kältetod« starb. Die Todesbescheinigung sei gefälscht gewesen. dpa