Bernhard Purin ist ein ebenso angesehener wie umstrittener Ausstellungsmacher. Der 43-jährige Gründungsdirektor des Jüdischen Museums München hat bereits die Häuser in Hohenems, Wien und Fürth mit aufgebaut. In Franken hat ihm die Kultusgemeinde nach erbittertem Streit um die ironische »Feinkost-Adam«-Ausstellung Hausverbot erteilt.
Herr Purin, inwiefern beeinflusst Sie die Auseinandersetzung in Fürth heute als Museumsdirektor?
purin: Fürth war eine spezielle Situation, bei der man sieht, dass man in der Provinz, und Fürth ist Provinz, nicht alles machen kann. Es ging wohl sehr stark um die Deutungshoheit über jüdische Geschichte, die zuvor ausschließlich bei der Jüdischen Gemeinde lag.
Sie widmen sich bevorzugt aktuellen Fragen jüdischer Identität. Wie wollen Sie diese vermitteln?
purin: Wir haben hier zwei unterschiedliche Besuchergruppen. Die jüdischen Besucher kommen sowohl aus Deutschland, aber viele auch aus Amerika, um auf den Spuren der Vorfahren zu wandeln. Und die nichtjüdischen Besucher, vorwiegend Deutsche, kommen natürlich mit ihrem Bild vom jüdischen Leben in Deutschland. Wir wollen zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, jüdische Identität zu haben. Religion ist ein ganz wichtiger Aspekt, aber nicht der einzige.
Das Zitat »Weinen bildet nicht« vom Leiter der Gedenkstätte in Buchenwald, Volkhard Knigge, haben Sie einmal für Ihre Museumskonzeption benutzt. Inwiefern soll Ihr Haus dem Gedenken der Toten gewidmet sein?
purin: Es findet gerade ein Wechsel statt. Wenn bald keine Zeitzeugen mehr da sind, stellt sich die Frage, wie man die Erinnerung an die Schoa wachhält. Erinnerungsformen sind dann schwer vermittelbar. Etwa Gedenkfeiern am 9. November, wenn in jeder deutschen Stadt dort, wo früher die Synagoge stand, ein Kranz niedergelegt wird. Das war sicher sehr wichtig. Aber man muss neue Wege finden. Dabei darf man experimentieren und auch das Risiko eingehen etwas auszuprobieren, das sich dann doch nicht als so ideal erweist.
Das Gespräch führte Andrea Schlaier.