»Man kann doch die Mittel aufstocken!«
Anetta Kahane über Programme, Geld und Rechtsextremismus
Frau Kahane, das Bundesfamilienministerium plant, die 19 Millionen Euro Fördermittel für Programme gegen Rechtsextremismus künftig auch zu nutzen, um Initiativen gegen Linksextremismus und islamischen Fundamentalismus zu unterstützen. Ist das der Lage angemessen?
kahane: Das ist doch vor allem politisches Geschacher. Jeder Mensch weiß, daß der Linksradikalismus in Deutschland die Demokratie im Moment nicht substantiell gefährdet, allein aus Mangel an Masse und Einfluß. Ich bezweifle, daß es in der Praxis wirklich Projekte gegen Linksradikalismus geben wird. Andererseits, wenn man Projekte für demokratische Kultur macht und sich dabei auch gegen militanten antidemokratischen Linksextremismus und Islamismus verwahrt, habe ich selbstverständlich nichts dagegen.
Wenn in Zukunft die 19 Millionen Euro aufgeteilt werden, bleibt am Ende aber weniger für Programme gegen Rechts ...
kahane: Man kann doch die Mittel aufstocken! Wenn den Politikern das Thema wirklich wichtig ist, können sie versuchen, im Parlament eine Initiative zu starten, um die Summe zu erhöhen. Man sollte die verschiedenen Formen des Extremismus nicht gegeneinander ausspielen oder politisch benutzen. Das finde ich widerlich.
Es gibt immer wieder Kritik an den Programmen gegen Rechts. Wie müssen sie gestaltet sein, damit sie wirken?
kahane: Es muß darum gehen, die demokratische Zivilgesellschaft und die Beratung der Opfer zu stärken. Die Arbeit mit rechten Jugendlichen darf keine Glatzenpflege auf Staatskosten sein. Ich halte es für sinnvoll, Sozialarbeiter, die mit Rechten arbeiten, qualifiziert zu coachen. Kommunale Jugendarbeit muß ausstiegsorientiert sein. Man darf es aber nicht den Sozialarbeitern überlassen, als einzige für die Demokratie im Ort zu sorgen, weil sie sich mit rechten Jugendlichen auseinandersetzen. Man muß ein integriertes Konzept haben, wo Schule, Jugendarbeit, Kommune, Politik und Wirtschaft zusammenwirken. Das geht. Aber es ist eben sehr mühsam.
Kann der Kampf gegen Rechts nur am Geld gemessen werden?
kahane: Geld ist wichtig. Aber das allein ist kein Allheilmittel. Es ist ideologischer Unsinn anzunehmen, man brauche den Menschen nur Arbeit zu geben, und dann werden sie schon aufhören, Schwarze zu hauen.
Mit der Vorstandsvorsitzenden der »Amadeu Antonio Stiftung« sprach Tobias Kühn.