Verdichtung, die Konzentration auf ein Thema ist das Kennzeichen der diesjährigen Jüdischen Kulturwochen, die die Jüdische Gemeinde Frankfurt in der Zeit vom 28. Oktober bis 15. November veranstalten wird. Das zentrale Motiv ist der Begriff »Volk des Buches«, ein Epitheton, das nicht nur den hohen Stellenwert umschreibt, der im Judentum dem Lesen und Studieren der (heiligen) Schriften beigemessen wird, sondern auch an die Zerstörung des zweiten Tempels erinnert, mit der der religiöse Kultus seinen festen Ort verlor. Tempel war fortan die Tora selbst.
Mit Lesungen bekannter Autoren wie David Grossmann, Barbara Honigmann und der Frankfurter Schriftstellerin Ulrike Kolb, die in ihrem Roman Yoram »so sensibel wie selten ein nichtjüdischer Autor die zugegeben komplizierte jüdische Gefühlswelt« ausleuchte, wie Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats und Kulturdezernent der Frankfurter Gemeinde, bei seiner Vorstellung des Programms lobte. Ein Kishon-Abend mit dem Schauspieler Dieter Bellmann und eine Collage von Astrid Jacob aus Gedichten von Mascha Kaléko ergänzen die Reihe. Die Fülle an prächtigen Ausgaben von Pessach-Haggadot wird Rahel Heuberger, Leiterin der Hebraica- und Judaica-Sammlung der Frankfurter Uni-Bibliothek, erläutern. Und Anat Feinberg, Professorin für hebräische und jüdische Literatur an der Heidelberger Hochschule für Jüdische Studien, stellt die Frage: »Was ist ›Jüdische Literatur‹?«
Für ihn, so betonte Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth, sei sie in jedem Fall mehr Weltliteratur als »Literatur aus Israel«. Auch in der Diaspora habe die jüdische Kultur dem geistigen und kulturellen Leben ihrer Umgebung »eine besondere und eigenwillige Prägung« verliehen. Gleichzeitig versprach der Kulturdezernent, die Jüdischen Kulturwochen künftig jährlich mit einem Zuschuss von 30.000 Euro zu unterstützen, statt sie wie bisher nur in jedem zweiten Jahr zu fördern. Denn in der Beschäftigung und Auseinandersetzung mit jüdischer Kultur sehe er das »beste Gegengift gegen Borniertheit«.
Es scheint bereits zu wirken. So handelt es sich nach Einschätzung Graumanns bei mehr als 80 Prozent der insgesamt rund 8.000 Besucher der Kulturwochen nicht um Gemeindemitglieder, sondern interessierte Frankfurter Bürger: »Unsere Veranstaltungen zählen fest zum hiesigen Kulturkalender«, hob auch Doris Adler, die in diesem Jahr erneut die Gesamtkonzeption entwi-
ckelt hat, hervor. Deshalb darf auch die Musik nicht fehlen. Ein Jazz- und Klezmer-Konzert mit Sharon Brauner & Band eröffnet die Kulturwochen, es folgt ein Abend mit hebräischen Liedern und das Kindermusical Noahs Taube. Barbara Goldberg
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