von Johannes Boie
Sie haben Spenden gesammelt und ein Auditorium an der Berliner Friedrichstraße besorgt. Schließlich schickte sogar der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel ein Grußwort. 15 Leute, sagt Michael Spaney, hätten für diese Konferenz gearbeitet, und dazu weitere 20 Helfer, die mit technischem Know-how ausgeholfen haben. Spaney ist TV-Journalist beim Privatsender Pro7, aber im Nebenberuf ist er einer der Organisatoren der Iran-Konferenz, die am 2. und 3. Mai in Berlin stattfand.
Auf der Konferenz begrüßt er die Gäste, die Presse, die Redner. Nervös wirkt er dabei nicht, und er hat auch keinen Grund: Man kennt sich hier. In Bezug auf die großen Fragen, die zu erörtern sind, herrscht Einigkeit unter den Referenten aus dem Iran, den USA, Israel, Deutschland und Österreich: Die atomare Aufrüstung im Iran muss unter allen Umständen verhindert werden, die Zeit des Regimes von Präsident Mahmud Ahmadinedschad soll so schnell wie möglich enden.
Es sind bedrückende Fakten, die an der Friedrichstraße präsentiert wurden: Einige davon sind dem Publikum, das in weiten Teilen vom Fach ist, schon bekannt, anderes ist neu. Vor allem in seiner Dichte: Selten gab es so viele Fakten über die derzeitige Situation im Iran und das Zusammen- spiel der westlichen Mächte in Bezug auf den Iran in einer Konferenz konzentriert.
Deutlich wurde die Rolle, die Deutschland in dem Konflikt einnimmt. Auf der Pressekonferenz hieß es, das Außenhandelsvolumen Deutschlands mit dem Iran betrage etwa fünf Milliarden Euro. Während die Kanzlerin in Israel vor dem Iran warne, sei Deutschland nach wie vor größter Handelspartner des Landes. Deutschland habe eine Schlüsselposition, warnte der Politikwissenschaftler Matthias Küntzel (vgl. S. 13), weil es das wichtigste Lieferland von Hochtechnologie in den Iran sei. Das Abhängigkeitsverhältnis scheint die deutsche Politik kaum in pro-israelischem Sinn zu nutzen. So war der stellvertretende iranische Außenminister Mehdi Safari im April in Berlin und traf dabei laut Küntzel unter anderem Reinhard Silberberg, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Eckhart von Klaeden (CDU) und Jürgen Trittin (Grüne). Während die deutsche Presse kaum berichtete, werteten iranische Zeitungen das Treffen als wirtschaftlichen Erfolg.
Der ehemalige Vorsitzende des exil-iranischen PEN-Clubs, Javad Asadian, sagte, im Iran werde alle Intelligenz darauf konzentriert, tödliche Technologien zu entwickeln. Der israelische Journalist Yossi Melman warnte eindringlich vor einem politi- schen Dilemma, das sich in Kürze abzeichne: »Nächstes Jahr, oder spätestens bis 2013, wird der Iran mehrere Atombomben herstellen können.« Wenn Iran nicht durch diplomatische oder ökonomische Maßnahmen gestoppt werde, sehe die israelische Regierung nur noch die Möglichkeit, militärisch durchzugreifen, glaubte Melman.
Der Politikwissenschaftler Alexander Ritzmann betonte, dass antiwestliche Terrororganisationen, die vom Iran finanziert würden, längst auch in Deutschland Fuß gefasst hätten. Die Hisbollah habe in Deutschland rund 900 Mitglieder, die Bundesregierung reagiere auf die Bedrohungslage mit einer »Vogel-Strauß-Strategie«. Regierungsvertreter, die zu den Vorwürfen Stellung beziehen hätten können, waren laut Spaney zwar eingeladen, hätten aber abgesagt.